ExklusivKonjunkturtableau

Konjunktursorgen zeigen sich noch nicht in den Prognosen

Die deutsche Wirtschaft wird sich im zweiten Halbjahr doch nicht so einfach erholen wie erhofft. Dies deuten zumindest harte Daten und erste Stimmungsindikatoren an. Die Prognosen im Konjunkturtableau von ZEW und Börsen-Zeitung sind indes noch kaum verändert. Der Fokus der Auguren liegt auf der EZB-Politik.

Konjunktursorgen zeigen sich noch nicht in den Prognosen

Konjunktursorgen zeigen sich noch nicht in Prognosen

Kaum Veränderungen im Tableau − Weitere Zinssenkungen für 2025 erwartet − Inflationsanstieg im Mai als „Ausreißer“ bewertet

Die deutsche Wirtschaft wird sich im zweiten Halbjahr doch nicht so einfach erholen wie erhofft. Dies deuten zumindest harte Daten und erste Stimmungsindikatoren an. Die Prognosen im Konjunkturtableau von ZEW und Börsen-Zeitung sind indes noch kaum verändert. Der Fokus der Auguren liegt auf der EZB-Politik.

Von Alexandra Baude, Frankfurt

Geht es nach den harten Daten vom Mai, so steht es um die deutsche Industrie und damit auch um die gesamte Wirtschaft gar nicht gut. Und auch die Stimmungsumfragen von Sentix und ZEW für Juli zeichnen nicht eben ein rosiges Bild. Ökonomen werten dies als Zeichen, dass die für das zweite Halbjahr erwartete Erholung der hiesigen Wirtschaft deutlich holpriger verlaufen wird als bislang erwartet. Einen weiteren Beleg dafür dürften das vorläufige Ergebnis der Einkaufsmanagerumfrage und das Ifo-Geschäftsklima liefern − für beide Indikatoren wird ein leichter Anstieg erwartet, der aber den Rückgang im Juni nicht ausgleichen wird. Zudem dürften sich die Dienstleister besser schlagen, wohingegen die Industrie weiter schwächelt.

Hauptthema ist die EZB

In den Medianprognosen, die das Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) für das Konjunkturtableau der Börsen-Zeitung zusammenstellt, zeigt sich dies alles aber noch nicht. Weder für Deutschland noch für die Eurozone haben sich nennenswerte Revisionen ergeben. Am stärksten beschäftigt die Auguren noch die Frage, wie es mit der Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) weiter geht.

So sind die Erwartungen an die kurzfristigen Zinsen auf Sicht von drei Monaten gegenüber Juni um 0,3 Prozentpunkte auf 3,7 Punkte gestiegen. „Somit scheinen die Experten etwas pessimistischer bezüglich weiterer Zinsschritte noch im aktuellen Jahr geworden zu sein“, analysiert ZEW-Experte Alexander Glas. Denn der Anstieg der Euro-Inflationsrate im Mai könne eventuell von einigen Experten als Indiz dafür interpretiert worden sein, dass der Inflationsdruck noch nicht überwunden ist. Dies würde zu der Tatsache passen, dass die EZB weitere Zinssenkungen primär datenbasiert vornehmen möchte.

Noch große Unsicherheit

Die Uneinigkeit unter den Experten zeigt sich Glas zufolge auch in einer relativ hohen Spannweite der Erwartungen in Höhe von 0,9 Prozentpunkten. „Es ist somit denkbar, dass eine hohe Unsicherheit über die weitere Inflationsdynamik und die damit zusammenhängenden geldpolitischen Entscheidungen der EZB zu den nur geringen Anpassungen der Wachstumserwartungen für Deutschland beigetragen hat."

Für das laufende Jahr steht die Prognose für das deutsche Bruttoinlandsprodukt (BIP) zwar unverändert bei +0,2%, doch ist die Spannweite der individuellen Wachstumserwartungen um 0,3 auf 0,6 Prozentpunkte gefallen. Dies deute angesichts des Prognosehorizontes auf eine vergleichsweise hohe Einigkeit unter den Befragten hin, erklärt Glas. Die Wachstumsprognose für 2025 hingegen wurde um 0,1 Prozentpunkte auf 1,1% heruntergeschraubt.

Nur ein „Ausreißer“ im Mai

„In Anbetracht des naheliegenden Zusammenspiels von Inflations-, Zins- und Wachstumserwartungen lohnt sich ein Blick auf die aktuellen Inflationsraten“, so Glas. Der im Mai beobachtete Aufwärtstrend bei den Teuerungsraten hat sich bereits nach einem Monat wieder umgekehrt, die Jahresrate für Deutschland ist im Juni um 0,2 Prozentpunkte auf 2,2% zurückgegangen, im Euroraum waren mit 2,5% um 0,1 Punkte weniger. Auf Sicht des gesamten Jahres 2024 werden sowohl für Deutschland als auch das Eurogebiet unverändert Inflationsraten in Höhe von 2,4% erwartet. Auch für 2025 stehen die Raten wie schon im Juni-Tableau bei jeweils 2,1%. Der Anstieg der Inflation im Mai ist Glas zufolge von vielen Experten „eher als Ausreißer betrachtet worden“.

Stetige Erholung im Euroraum erwartet

Für die Euro-Wirtschaft mehren sich die Anzeichen für eine langsame, aber stetige wirtschaftliche Erholung. Die BIP-Prognose für 2024 wurde um 0,1 Prozentpunkte auf 0,8% nach oben revidiert und für 2025 bei 1,5% belassen. Die geringe Veränderung hängt für Glas „ebenfalls mit der Unsicherheit der Experten über die weitere Entwicklung der Inflationsraten und der damit verbundenen Zinsentscheidungen zusammen“. Da die Zinserwartung für 2025 unverändert bei 2,8 Punkten liegt, würden für das kommende Jahr weitere Zinssenkungen prognostiziert.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.