Geldpolitik

Lagarde warnt vor zu früher Zinssenkung

Der geldpolitische Kurs bleibt datenabhängig, betont EZB-Chefin Christine Lagarde vor dem Europäischen Parlament. Die Entwicklung der Löhne und Gehälter würden für die Entscheidung, wann der Leitzins gesenkt wird, immer wichtiger.

Lagarde warnt vor zu früher Zinssenkung

ba Frankfurt

Christine Lagarde mahnt bei Zinssenkungen der Europäischen Zentralbank (EZB) zur Vorsicht. „Das Letzte, was ich möchte, ist, dass wir eine übereilte Entscheidung treffen, um dann die Inflation wieder steigen zu sehen und weitere Maßnahmen ergreifen zu müssen“, sagte die EZB-Präsidentin am Donnerstag im Wirtschafts- und Währungsausschuss des EU-Parlaments. Am Mittwoch hatte Bundesbankpräsident Joachim Nagel ebenfalls vor den ökonomischen Kosten dieses Szenarios gewarnt.

Zudem sagte die EZB-Chefin, dass die Zentralbank wohl auch künftig bei der Versorgung der Banken im Euroraum mit Liquidität auf ein Anleihenportfolio setzen wird. „Das wird sehr wahrscheinlich eine Kombination eines Anleihenportfolios umfassen, aber auch Kreditoperationen mit unterschiedlichen Laufzeiten“, sagte Lagarde. Die derzeit laufende Überprüfung des Steuerungsrahmens sei jedoch noch nicht abgeschlossen. „Wir werden in ein paar Monaten fertig sein.“

Spekulationen um Zeitpunkt der Zinswende

Mit Blick auf die nachlassende Teuerung und die maue Konjunktur spekulieren Experten, wann die Euro-Hüter die geldpolitische Wende einleiten und die Leitzinsen senken werden. Die Jahresmitte gilt den meisten von Ihnen als am wahrscheinlichsten. Im EZB-Rat gibt es sowohl Stimmen, die eine Zinssenkung im April ins Spiel bringen, als auch Ratsmitglieder, die davor warnen, zu früh die Zinsen zu senken.

Zur letztgenannten Gruppe gehört unter anderem Bundesbankpräsident Joachim Nagel. Er sagte am Mittwoch, dass die ökonomischen Kosten höher seien, wenn die EZB zu früh senke und dann wieder die Zinsen anheben müsse, als wenn die EZB zu spät senke. Auch der spanische Notenbankpräsident Pablo Hernandez de Cos betonte am Donnerstag in Madrid, dass die EZB bei Zinssenkungen keine Eile habe.

Starkes Lohnwachstum

Auf der anderen Seite des geldpolitischen Spektrums steht der italienische Notenbankchef Fabio Panetta. Er hält die Inflationsgefahr für weitgehend gebannt. Er spricht sich deshalb für baldige Zinssenkungen aus, um eine Abwärtsspirale der Euro-Konjunktur zu vermeiden. Aus Sicht von François Villeroy de Galhau, Gouverneur der französischen Zentralbank, ist auf den kommenden Zinssitzungen der EZB alles offen. „Was das exakte Datum betrifft, ist keines ausgeschlossen, bei den nächsten Meetings ist alles offen“, sagte er Ende Januar der französischen Zeitung „La Tribune Dimanche“.

Im Januar ist die Teuerungsrate im Euroraum auf 2,8% von 2,9% im Dezember zurückgegangen. Wegen der steigenden Preise fordern die Arbeitnehmer eine Kompensation. Wie sich Löhne und Gehälter entwickeln, hängt entscheidend von den Ergebnissen der laufenden und bevorstehenden Tarifverhandlungen ab. Während der vorausschauende Lohntracker der EZB weiter einen starken Druck signalisiere, deuteten die Vereinbarungen auf eine gewisse Abschwächung im vierten Quartal 2023 hin, sagte Lagarde. Aber: „Das Lohnwachstum ist weiterhin stark und dürfte in den kommenden Quartalen zu einem immer wichtigeren Treiber der Inflationsdynamik werden“, sagte die EZB-Chefin. „Der Beitrag der Stückgewinne zum inländischen Preisdruck ist weiter zurückgegangen, was darauf hindeutet, dass die Lohnsteigerungen wie erwartet zumindest teilweise durch die Gewinnmargen abgefedert werden.“

Die EZB hat die Zinsen nach zehn Anhebungen in Serie bereits seit September 2023 unverändert gelassen. Der Einlagensatz, den Geldhäuser erhalten, wenn sie bei der Notenbank überschüssige Gelder parken, liegt seitdem bei 4,0% – das höchste Niveau seit dem Start der Währungsunion 1999.

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