Migrationspolitik entzweit die Parteien
Migrationspolitik entzweit die Parteien
Scholz wirft Merz versuchten Rechtsbruch vor – CDU-Chef vermisst Regierungshandeln
wf Berlin
Der Kanzler und die Kanzlerkandidaten haben sich in der letzten Sitzungswoche dieser Legislaturperiode einen heftigen Schlagabtausch über die Migrationspolitik geliefert. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) griff Oppositionsführer Friedrich Merz (CDU) im Plenum an und warf ihm vor, mit der AfD zu paktieren. Zudem wolle Merz EU-Recht brechen. „Über geltendes Recht hinaus kann, über geltendes Recht hinaus darf man nicht gehen“, konstatierte Scholz in der Debatte über die Folgen der Anschläge in Magdeburg und Aschaffenburg. Grünen-Kanzlerkandidat Robert Habeck appellierte an Union und FDP, sich nicht von der AfD unterstützen zu lassen. „Stimmen sie nicht mit denen ab, in dieser entscheidenden Frage“, bat Habeck.
Merz widersprach dem Vorwurf des beabsichtigten Rechtsbruchs in der Migrationspolitik. Der Bundeskanzler müsse nicht geltendes Recht zitieren, sondern die Regierung müsse bei Missständen darauf hinarbeiten, die Gesetze zu ändern, verlangte Merz. Die europäische Asyl- und Migrationspolitik sei bereits heute dysfunktional, betonte der Kanzlerkandidat der Union. Die Vorschläge von CDU/CSU würden bereits in Ländern wie Dänemark oder den Niederlanden praktiziert.
Blick nach Dänemark
Auch FDP-Chef Lindner verwies auf Dänemark. Dort hätten die Sozialdemokraten bei der Migration eine Wende zur Realpolitik vollzogen, die irreguläre Migration eingedämmt und „die Rechten“ an den Rand verbannt. „Es liegt im Interesse der Stabilität der Demokratie, sich an den Sorgen der Menschen zu orientieren“, betonte Lindner. Andernfalls bewegten sich diese zunehmend zu den Rändern, wie in Österreich. Deutschland mache es Fachkräften zu schwer, ins Land zu kommen, den Einwanderern ins Sozialsystem dagegen zu leicht. Es müsse umgekehrt sein, forderte Lindner.
Die Union dringt in einem Entschließungsantrag auf dauerhafte Grenzkontrollen und ausnahmslose Zurückweisung aller illegaler Einreiseversuche. Ausreisepflichtige sollen in Haft genommen werden. Die Zahl der Abschiebungen müsse steigen. Die Bundesländer sollen stärker beim Vollzug der Ausreisepflicht unterstützt werden. Zudem soll das Aufenthaltsrecht für Straftäter und Gefährder verschärft werden.
Der AfD wirft die Union in ihrem Antrag vor, Probleme, Sorgen und Ängste durch die massenhafte illegale Migration zu nutzen, um Fremdenfeindlichkeit zu schüren und Verschwörungstheorien in Umlauf zu bringen. „Sie will, dass Deutschland aus EU und Euro austritt und sich stattdessen Putins Eurasischer Wirtschaftsunion zuwendet. All das gefährdet Deutschlands Stabilität, Sicherheit und Wohlstand“, schreibt die Fraktion. Die AfD sei der „politische Gegner.“ AfD-Kanzlerkandidatin Alice Weidel kritisiert, dass Merz nicht mit ihrer Partei zusammenarbeiten wolle. „Sie haben Ihre Chancen gehabt, echtes Kanzlerformat zu beweisen“, sagt Weidel. Er werde in der Migrationspolitik von den eigenen Reihen gebremst. Dies sei ein „erbärmliches Demokratieverständnis“.