Meloni geht auf Distanz zu EU-Partnern
Meloni geht auf Distanz zu EU-Partnern
Italien steuert in Handels- und Rüstungsfragen einen Sonderkurs und sucht die Nähe von US-Präsident Trump
bl Mailand
Die italienische Regierung spielt innerhalb der EU zunehmend eine Sonderrolle und geht sowohl in der Rüstungs- als auch in der Handelspolitik auf Distanz zu den europäischen Partnern. In Reden vor den beiden Kammern des italienischen Parlaments warnte Premierministerin Giorgia Meloni davor, auf amerikanische Strafzölle für europäische Waren mit Gegenzöllen zu reagieren. Das sei nicht vernünftig, vertiefe den Graben zwischen beiden Seiten des Atlantiks und schwäche den Westen. Die USA sind mit einem Anteil von 10% zweitwichtigster Exportmarkt Italiens. Rom fürchtet durch Zölle höhere Teuerungsraten. Der italienische Statthalter des Trump-Beraters und Unternehmers Elon Musk, Andrea Stroppa, lobte Meloni für ihre „sehr gute Rede“.
Traditionsgemäß berichten italienische Regierungschefs vor Treffen des Europäischen Rats den Parlamentariern über ihre Positionen. In der Debatte vor dem Senat und dem Abgeordnetenhaus wurden nur mühsam übertünchte Gegensätze innerhalb der Regierungskoalition deutlich. Auch die Opposition ist sich extrem uneins.
„Brücken bauen“
Meloni ging auch in der Rüstungspolitik auf deutliche Distanz zur EU. Sie kritisierte den Plan Großbritanniens und Frankreich, Friedenstruppen in die Ukraine zu schicken. Das Vorhaben sei „sehr komplex, riskant und unwirksam“. Italien werde sich daran keinesfalls beteiligen. Die Premierministerin warb um Unterstützung für US-Präsident Donald Trump: „Wir glauben, dass Italien Brücken bauen muss.“
Meloni setzt auf ihr gutes Verhältnis zu Trump und Musk, um Vorteile für Italien zu erreichen. Höhere Rüstungsausgaben werden auch von großen Teilen der italienischen Öffentlichkeit abgelehnt. Innerhalb der Regierung vertritt vor allem die rechtsnationale Lega von Vizepremier Matteo Salvini sehr Trump- und Putin-freundliche Positionen. Salvinis Parteifreund, Wirtschafts- und Finanzminister Giancarlo Giorgetti, kritisiert etwa die deutschen Aufrüstungspläne massiv: „Deutschland hat entschieden, dass es machen kann, was es will. Jetzt soll aufgerüstet werden und plötzlich ist die Verschuldung kein Problem mehr“, sagte er bei einer Parteiveranstaltung. Berlin hatte sich viele Jahre gegen Bestrebungen Italiens gestellt, Ausgaben etwa für Rüstung oder Infrastruktur aus der Berechnung der Schuldenquote herauszunehmen.
Privates Kapital mobilisieren
Italien wendet sich nun gegen die im europäischen ReArm-Programm vorgesehene Möglichkeit, zur Finanzierung höherer Rüstungsausgaben mehr Schulden aufzunehmen. Damit stiegen die Zinsen und die Inflation, fürchtet Giorgetti. Und das träfe das mit 135% des Bruttoinlandsprodukts verschuldete Land besonders.
Italien, das nur 1,5% des Bruttoinlandsprodukts für Rüstung aufwendet und damit innerhalb Europas sehr weit hinten steht, will stattdessen privates Kapital mobilisieren, um Investitionen im Verteidigungssektor anzukurbeln, sagte Meloni.
Die Premierministerin fordert auch höhere gemeinsame europäische Schulden im Rahmen des ReArm-Plans und lehnt eigene europäische Streitkräfte ab. Der einflussreiche Lega-Abgeordnete Claudio Borghi begründet dies auch damit, dass „unsere Söhne damit auf Anweisung Macrons an die Front geschickt werden können“. Salvini bezeichnete den französischen Staatspräsidenten sogar als „Verrückten“. Russland sei kein Feind Italiens.
Verbale Solidarität
Meloni wirbt zwar um Unterstützung für die Ukraine, die sie über die Beistandsgarantie des Artikel 5 des NATO-Vertrags schützen will. Doch das geplante neue EU-Hilfsprogramm der Außenbeauftragten Kaja Kallas lehnt sie ab. Rom bekennt sich einerseits gern zur Solidarität mit der Ukraine, hat andererseits mit Hilfen von weniger als 2 Mrd. Euro in den Jahren 2023 und 2024 nur etwas mehr als 10% der deutschen Hilfszahlungen geleistet.