Merz wirft Scholz „Wortbruch“ vor
wf Berlin
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat Deutschland trotz Energieknappheit und hoher Inflation Stärke attestiert. „Unser Land hat sie im Griff“, sagt Scholz mit Blick auf die aktuelle Krise. Der Staat sorge dafür, dass Leistung sich lohne und Millionen Bürger aus eigener Kraft durch die Krise kommen könnten, sagte Scholz in der Generalaussprache zum Bundeshaushalt 2023 im Bundestag. Die Energiesicherheit in Deutschland sei für diesen Winter „wohl gewährleistet“, stellte der Kanzler fest. Sie sei gesichert, weil die Bundesregierung beherzt umgesteuert habe und weil Haushalte und Unternehmen sparsam mit Energie umgingen. Dies bleibe wichtig mit Blick auf das kommende Jahr und den Winter 2023. „Unser Land hat die Kraft, diese Krise zu meistern und gestärkt aus ihr hervorzugehen“, betonte Scholz. Diese Kraft mobilisiere die Ampel mit dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds und den Entlastungspaketen. „Die nächsten Jahre sind entscheidend, um Deutschland und Europa zu stärken“, stellte der Kanzler fest und nannte Klimawandel, Digitalisierung, Wohlstandssicherung, sozialen Zusammenhalt und demografischen Wandel als die großen Herausforderungen.
Oppositionsführer Friedrich Merz (CDU) hatte Scholz zum Auftakt der Debatte zuvor vorgeworfen, in neun Monaten die Chance verpasst zu haben, das Land grundlegend zum Besseren hin zu verändern. „Sie haben diese Chance nicht genutzt, und wahrscheinlich werden Sie – nach menschlichem Ermessen jedenfalls – eine solche Chance auch nicht wieder bekommen“, sagte Merz. Am 24. Februar hatte Russland die Ukraine überfallen.
Industriestandort im Visier
Jetzt und in der näheren Zukunft gehe es darum, wie sich Deutschland und Europa neben den USA und Asien, vor allem neben China, als ein wettbewerbsfähiger Industriestandort bewähren kann, konstatierte der CDU-Politiker. Stattdessen versinke die Ampel-Koalition im ständigen Streit der Ressortminister, verliere das Vertrauen der Bevölkerung und der europäischen Nachbarn in die Lösungskompetenz sowie Verlässlichkeit.
Der Regierung warf Merz Wortbruch bei der Ertüchtigung der Bundeswehr vor. Entgegen der Zusage der Ampel steige der Verteidigungshaushalt nicht rund 2% des Bruttoinlandsprodukts, sondern sinke im nächsten Jahr um fast 300 Mill. Euro. „Das ist ein grober Wortbruch gegenüber dem Parlament und vor allem gegenüber der Bundeswehr“, rief Merz aus. Die CDU/CSU hatte einer Grundgesetzänderung zur Errichtung eines Sondervermögens für die bessere Ausstattung der Bundeswehr zugestimmt. Auf Wunsch der Union wurde ein Parlamentarisches Gremium zum Sondervermögen Bundeswehr eingerichtet. Das Gremium soll laufend über die Beschaffungsvorhaben für die Bundeswehr beraten und berichten. „In der bisher einzigen Sitzung dieses Gremiums, die vor wenigen Tagen erst stattgefunden hat, hat sich Ihre Koalition geweigert, den Wirtschaftsplan für die Beschaffungsvorhaben vorzulegen“, monierte Merz. Die nächste Sitzung sei für den 23. Februar 2023 geplant. Bis heute sei kein einziger neuer Auftrag erteilt und keine Ausschreibung veröffentlicht worden.
Unklarer Übergewinn
Merz kritisierte die Hilfspolitik der Ampel. Die Bevölkerung wisse bis heute nicht, wann sie die versprochenen Leistungen bekomme. Auch die Finanzierung durch „Übergewinne“ griff er an. Es sei unklar wo sich das Vorhaben im Abgabensystem bewege – sei es eine Steuer, eine Gebühr oder ein Beitrag? „Sie werden mit dieser geplanten Abschöpfung genauso scheitern, wie Sie mit Ihrer Gasumlage gescheitert sind“, prophezeite Merz Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne). Scholz sagte mit Blick auf die Energiepreise: „Wir können den Anstieg der Energiepreise nicht vollständig wegsubventionieren, aber wir reduzieren ihn auf ein verträgliches Maß.“ Die Preisdeckel für die Subventionierung von Strom, Gas und Wärme lägen ungefähr auf dem prognostizierten Preisniveau 2024.