Frankreich

Nach der Wahl ist vor der Wahl

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat sich am Sonntag in der Stichwahl gegen seine Herausforderin Marine Le Pen durchgesetzt. Nun muss sich seine Partei für die im Juni anstehenden Parlamentswahlen in Stellung bringen.

Nach der Wahl ist vor der Wahl

wü Paris – 

Nach der zweiten Runde der Präsidentschaftswahlen bringen sich die Regierungspartei La République en Marche (LREM) und die Opposition für die Parlamentswahlen im Juni in Stellung. Amtsinhaber Emmanuel Macron hat sich Sonntag in der Stichwahl mit 58,5% der Stimmen gegen seine Herausforderin Marine Le Pen vom rechtsradikalen Rassemblement National (RN) durchgesetzt. „Diese neue Ära wird nicht die Fortsetzung der Amtszeit sein, die gerade zu Ende gegangen ist“, versprach Macron bei der Wahlkampffeier in Paris auch im Hinblick auf die 28% der Stimmberechtigten, die sich nicht an der Wahl beteiligt haben – zum Teil, um gegen Macron zu protestieren.

„Ich bin nicht mehr der Kandidat eines Lagers, sondern der Präsident aller“, betonte Macron. Auf die Wut und abweichenden Meinungen der Wähler Le Pens müsse es Antworten geben. „Wir müssen unsere Art zu regieren ändern“, sagte auch Wirtschaftsminister Bruno Le Maire am Montagmorgen im französischen Radio. Die Regierung Macrons dürfte wie von Premierminister Jean Castex angekündigt diese Woche zurücktreten, damit die Regierungspartei LREM mit einer neuen Mannschaft bei den Parlamentswahlen am 12. und 19. Juni antreten kann.

Der Name des Regierungschefs dürfte am Montag, dem 2. Mai, bekannt gegeben werden, heißt es in Paris. Derzeit werden Arbeitsministerin Elisabeth Borne und Landwirtschaftsminister Julien Denormandie als aussichtsreichste Kandidaten gehandelt. Die neue Regierung dürfte auch versuchen, LREM mit neuen Maßnahmen zur Stärkung der Kaufkraft für die Parlamentswahlen in Stellung zu bringen – das Thema, auf das Le Pen bei den Präsidentschaftswahlen gesetzt hatte.

Investoren atmen auf

Die RN-Politikerin, die noch immer einen Kredit an eine russische Bank zurückzahlt, erhielt diesmal trotz des Ukraine-Krieges 41,5% der Stimmen. Vor fünf Jahren war sie nur auf 33,9% der Stimmen gekommen, Macron auf 66,1%. Der noch rechtsradikalere Éric Zemmour plädierte Sonntagabend für eine große „Koalition der Rechten“ bei den Parlamentswahlen. Bei denen hofft auch der in den Präsidentschaftswahlen drittplatzierte Linkspopulist Jean-Luc Mélenchon auf zahlreiche Stimmen. Er hat den Ehrgeiz, Premierminister zu werden. Er hatte zwar gefordert, es dürfe am 24. April keine Stimme an Le Pen gehen. Später hatte er jedoch auch erklärt, es wäre ihm egal, ob er unter ihr oder Macron Premierminister würde.

Im Ausland reagierten zahlreiche Regierungschefs erleichtert auf den Wahlausgang, allen voran die europäischen Partner Frankreichs. „Deine Wähler haben heute ein starkes Signal für Europa gesendet“, gratulierte Bundeskanzler Olaf Scholz Macron auf Twitter. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der ­Leyen äußerte sich ähnlich. „Zusammen werden wir Frankreich und Europa voranbringen.“ Zu den Gratulanten gehörte neben dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyi und US-Präsident Joe Biden auch der russische Präsident Wladimir Putin.

Investoren reagierten ebenfalls erleichtert auf die Wahl Macrons. „Der klare Sieg von Emmanuel Macron dürfte die Märkte darin bestärken, dass die Dynamik in Europa anhalten wird“, meint Frédéric Leroux, der dem Strategischen Investmentkomitee von Carmignac angehört. „Kurzfristig könnte der logische Gewinner dieser Wahl der Euro sein, der am vergangenen Freitag noch mit einem Zweijahrestief gegenüber dem Dollar konkurrierte.“ Zum jetzigen Zeitpunkt sei es jedoch gefährlich, es als selbstverständlich anzusehen, dass Macron bei den Parlamentswahlen eine Mehrheit erhalte, die die Fortsetzung eines wirtschafts- und europafreundlichen Kurses ermögliche, warnt er. Zinsängste belasteten den CAC 40 am aber Montag trotz der Erleichterung über den Wahlausgang.