Konjunktur

Nächster Mega-Stau auf den Weltmeeren

Die Lage auf den Weltmeeren spitzt sich erneut zu – diesmal sind chinesische Überseehäfen der Engpass. Dem derzeitigen Konjunkturoptimismus tut dies keinen Abbruch. So hat nun auch Berenberg die Wachstumsprognosen erhöht.

Nächster Mega-Stau auf den Weltmeeren

rec/ba Frankfurt

Wenige Monate nach der einwöchigen Blockade des Suezkanals spitzt sich die Lage auf den Weltmeeren aufs Neue zu. Diesmal stauen sich immer mehr Schiffe und Container in und um die chinesischen Überseehäfen in Yantian und Shenzhen, weil die dortigen Behörden wegen neuer Ausbrüche des Coronavirus den Betrieb haben herunterfahren lassen. Experten des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW) berichten auf Basis ihres Kiel Trade Indicator, der Schiffsbewegungen quasi in Echtzeit auswertet, von einer „rasanten“ Zunahme wartender Containerschiffe in der Region. Auch die ohnehin hohen Frachtraten auf der Route von Asien nach Nordeuropa sind deshalb zuletzt weiter emporgeschossen.

Dem zunehmenden Konjunkturoptimismus können Sorgen über anhaltende Lieferengpässe indes bislang wenig anhaben. Viele Ökonomen haben ihre Wachstumsprognosen nach oben revidiert – so auch die Berenberg Bank: In der Eurozone rechnet sie in diesem und dem kommenden Jahr mit einem deutlich größeren Plus als bislang erwartet.

Die gegenwärtige Lage im Welthandel scheint diese Zuversicht zu nähren – trotz der sich verschärfenden Probleme in chinesischen Häfen. „In den vergangenen vier Wochen hat der Hafen Yantian nur gut 40% der üblichen Containermenge verschifft“, berichtet IfW-Handelsexperte Vincent Stamer. „Auch den Hafen von Shenzhen verlassen weniger Container als üblich.“ Trotzdem sei der Welthandel bislang „intakt“, so das IfW, das im laufenden Monat mit einem leichten Plus rechnet. „Spitzt sich die chinesische Schifffahrtskrise zu, könnte sich dies aber ändern“, mahnt Stamer.

Lieferengpässe, etwa in Häfen, bezeichnete Berenberg-Chefvolkswirt Holger Schmieding gesamtwirtschaftlich gesehen als „Luxusproblem“ bei der Vorstellung des neuen Konjunkturausblicks. Denn über kurz- oder halblang käme das Angebot schon hinterher, da es sich bei höheren Preisen für bestimmte Produkte oder Transportkapazitäten einfach lohne. Dass der internationale Handel zwar durch Engpässe zurückgehalten werde, aber sonst blühe, ist für ihn einer der fünf Gründe, die für einen sehr starken Wiederanstieg der Wirtschaftsleistung „quer durch große Teile der Welt“ sprechen: Denn „alle wesentlichen Teile der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage haben einen positiven Ausblick“. Der private Verbrauch werde angetrieben durch Konsumlust und hohe Zusatzersparnisse. Regierungen würden mehr investieren, ebenso wie Unternehmen. Bei Letzteren bestehe ein großer Nachholbedarf. Zudem müssten Lagerbestände wieder aufgebaut werden. Er erwartet ein Wachstum des realen Bruttoinlandsprodukts (BIP) im Euroraum für 2022 von 4,9% statt zuvor 4,6%. In diesem Jahr sollen es +4,7% sein nach dem Einbruch von 6,7% im Jahr 2020. Zusammengenommen liegen die Berenberg-Prognosen für 2021 und 2022 nun 1,1 Prozentpunkte über dem Bloomberg-Konsens von 4,3% für 2021 und 4,2% für 2022. Für die Inflation erwartet er ein Plus von 1,9% bzw. 1,5% in diesem und im nächsten Jahr.