EZB-Umfrage

Ökonomen bei Inflation optimistischer

Von der EZB befragte Ökonomen rechnen für 2024 mit weniger Wachstum und einer geringeren Kerninflation. Insidern zufolge ist zudem eine Anpassung der Mindestreserve oder des Anleihekaufprogramms PEPP für 2023 kein Thema mehr.

Ökonomen bei Inflation optimistischer

Ökonomen bei Inflation optimistischer

Ausblick auf Wirtschaft pessimistischer – Mögliche Änderungen bei PEPP und Mindestreserve wohl erst 2024 auf der Agenda

Von der Europäischen Zentralbank (EZB) befragte Ökonomen rechnen für 2024 mit weniger Wirtschaftswachstum und einer geringeren Kerninflation im Euroraum. Insidern zufolge ist zudem eine Anpassung der Mindestreserve oder des Anleihekaufprogramms PEPP in diesem Jahr kein Thema mehr bei der EZB.

mpi Frankfurt

Auch die Falken im EZB-Rat schlagen inzwischen taubenhafte Töne an. Die straffe Geldpolitik wirke und der Kampf gegen die Inflation gehe voran, betonte Bundesbankpräsident Joachim Nagel am Tag nach dem Zinsentscheid der Europäischen Zentralbank (EZB).

Am Donnerstag hatte der EZB-Rat einstimmig beschlossen, die Zinsen nach zehn Erhöhungen in Folge nicht erneut anzuheben. Eine deutliche Mehrheit der Ökonomen geht davon aus, dass es auch bei der letzten Zinssitzung des Jahres kurz vor Weihnachten keine Erhöhung geben wird.

Niedrigere Prognose für Kerninflation

Von der EZB befragte Volkswirte sind zudem bei der mittelfristigen Prognose der Inflation optimistischer als noch im Sommer. Auch wenn es nach wie vor Aufwärtsrisiken für die Inflation gibt. Dazu zählen etwa steigende Energiepreise aufgrund des Nahost-Konflikts oder überraschend starke Lohnerhöhungen im kommenden Jahr.

Die befragten Ökonomen rechnen damit, dass die Kernrate der Inflation im nächsten Jahr nur 2,9% betragen wird, wie die EZB am Freitag mitteilte. Bei dem Survey of Professional Forecasters (SPF) sammelt die EZB vierteljährlich von Volkswirten Prognosen für die Inflation, das Wirtschaftswachstum und die Arbeitslosenquote im Euroraum. Bei der Umfrage im Sommer hatte die Prognose für die Kernrate noch bei 3,1% gelegen. Die Kernrate, bei der die schwankungsanfälligen Lebensmittel- und Energiepreise nicht berücksichtigt sind, gilt als Gradmesser für den zugrundeliegenden Preisdruck. Damit ist sie ein Indikator für die weitere Entwicklung der Verbraucherpreise.

Höhere Inflationsprognose für 2023

Dementsprechend passt ins Bild, dass die Ökonomen für 2025 mit einem Anstieg der Inflation um 2,1% statt wie zuvor um 2,2% rechnen. Für 2024 sagen sie weiterhin eine Inflationsrate von 2,7% voraus, was noch deutlich oberhalb des 2-Prozent-Ziels der EZB liegt. Im laufenden Jahr passen die Volkswirte ihre Prognose sogar von 5,5 auf 5,6% nach oben an.

Leichte Erholung in Sicht

Der Blick auf die Entwicklung der Wirtschaft fällt pessimistischer aus. Für 2024 gehen die Ökonomen nur noch von einem leichten Wachstum der Eurozone um 0,9% aus, nach zuvor 1,1%. „Die kurzfristigen BIP-Erwartungen der Befragten weisen auf eine schleppende zweite Jahreshälfte 2023 hin, wobei sich die Wirtschaftstätigkeit in der ersten Jahreshälfte 2024 beleben wird“, heißt es in der Mitteilung der EZB zum SPF.

Ähnlich hatte sich bereits EZB-Präsidentin Christine Lagarde auf der Pressekonferenz nach dem Zinsentscheid geäußert. Infolge der sich verschärfenden Kreditrichtlinien europäischer Banken falle das Wachstum in der Industrie und im Servicesektor niedriger aus.

Leitzinsen dürften lange konstant bleiben

Bis Ende des Jahres werde das Wachstum in der Eurozone „anämisch“ bleiben, sagte Lagarde am Freitag beim EU-Gipfel. Sie stellte die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union darauf ein, dass die Leitzinsen für einen ausgedehnten Zeitraum auf dem jetzigen Niveau bleiben werden. „Die Inflation ist im Abwärtstrend, aber es ist zu früh, den Sieg zu verkünden.“

Beim Arbeitsmarkt, der wegen der Lohnentwicklung unter besonderer Beobachtung der EZB steht, ändern die von der Notenbank befragten Ökonomen ihre Prognosen bezogen auf die Arbeitslosenquote nur wenig. Sie erwarten nun 6,6% 2025 und 6,7% im nächsten Jahr. Zuvor hatten beide Werte bei 6,7% gelegen.

Gespräche Anfang 2024

Auf der Zinssitzung am Donnerstag war eine Erhöhung der Mindestreserve oder ein früheres Auslaufen der PEPP-Reinvestitionen laut Lagarde kein Thema. Einem Bericht der Nachrichtenagentur Reuters zufolge, die sich auf zwei Insider beruft, wird dies auch auf der kommenden Sitzung Mitte Dezember nicht der Fall sein.

Die Insider geben an, dass die Debatte über PEPP auf Anfang 2024 geschoben wird. Zudem sagen sie, dass über die Mindestreserve für Geschäftsbanken nur auf einer im Frühling 2024 anstehenden Rahmenüberprüfung debattiert wird.

Deutlicher Rückgang der Inflation vorhergesagt

Eine höhere Mindestreserve oder weniger Anleihekäufe durch die EZB würden den Finanzmärkten Liquidität entziehen. Dadurch wäre die Geldpolitik restriktiver. Allerdings könnten Anpassungen auch die Finanzstabilität negativ beeinflussen.

Neue Preisdaten erhält die EZB kommende Woche aus mehreren Euro-Ländern, darunter am Montag aus Deutschland. Am Dienstag legt dann Eurostat seine erste Schätzung für die Inflationsrate der gesamten Eurozone vor. Ökonomen erwarten einen deutlichen Rückgang der Inflation im Oktober sowohl für Deutschland als auch für die Eurozone.

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