Geldpolitik

Rasante Teuerung lässt Bank of England handeln

Vier von neun Geldpolitikern der Bank of England hat die nun verkündete Leitzinserhöhung um 25 Basispunkte nicht gereicht. Sie waren angesichts des Preisauftriebs für einen Schritt von 50 Basispunkten.

Rasante Teuerung lässt Bank of England handeln

hip London

Der starke Preisauftrieb hat die Bank of England dazu bewegt, erneut den Leitzins zu erhöhen. Das geldpolitische Komitee (Monetary Policy Committee, MPC) der Notenbank sprach sich mit fünf von neun Stimmen für eine Anhebung um 25 Basispunkte auf 0,5 % aus. Es war das erste Mal seit 2004, dass das MPC nach einer Zinserhöhung gleich bei der nächsten Sitzung eine weitere folgen ließ. Die Teuerungsrate war von 5,1 % im November auf 5,4 % im Dezember gestiegen. Sie lag damit um fast einen Prozentpunkt höher als im Inflationsbericht vom November prognostiziert. Nun rechnen die Volkswirte der Notenbank damit, dass sie im laufenden Jahr auf bis zu 7,25 % steigen wird. Das sind zwei Prozentpunkte mehr als noch im November. Treiber sind die Energiekosten, insbesondere der Gaspreis. Der britische Regulierer Ofgem hob gerade den Preisdeckel für die Energierechnungen privater Haushalte um 54% an.

Falken im Aufwind

Bemerkenswert ist, dass sich vier MPC-Mitglieder für eine Erhöhung um 50 Basispunkte ausgesprochen hatten. Einen Zinsschritt dieser Größenordnung hat es nicht gegeben, seitdem die Zentralbank vom damaligen Labour-Premierminister Gordon Brown die Unabhängigkeit zugesprochen bekam. Die vier Abweichler – Jonathan Haskel, Catherine Mann, Michael Saunders und Dave Ramsden – sprachen sich für eine noch stärkere Straffung der Geldpolitik aus, „um das Risiko zu reduzieren, dass sich die aktuellen Trends beim Einkommenswachstum und den Inflationserwartungen stärker verfestigen“, wie dem Protokoll der Sitzung zu entnehmen ist. „Während man die Erhöhung um 25 Basispunkte auf 0,5 % weithin erwartet hatte, wurden die Märkte davon überrascht, dass vier MPC-Mitglieder für eine Erhöhung um 50 Basispunkte waren“, sagte der Portfoliomanager Neil Mehta von Bluebay Asset Management. Er rechne nun damit, dass die Bank of England den Leitzins bis Juni auf 1 % erhöhen wird. Britische Bankaktien legten in Erwartung höherer Gewinne stark zu.

Die Mehrheit aus Gouverneur Andrew Bailey, Ben Broadbent, Jon Cunliffe, Huw Pill und Silvana Tenreyro begründete ihre Haltung unter anderem mit der Möglichkeit, dass die Teuerungsrate „stärker und schneller als erwartet“ zurückgehen könnte, sollte die Energiepreisentwicklung einem niedrigeren Pfad folgen als dem zentralen Szenario der Notenbank. Den Devisenexperten der HSBC fiel in diesem Zusammenhang auf, dass die Zentralbankökonomen am Ende ihres Prognosezeitraums nur noch mit einer Teuerungsrate von 1,6 % rechnen. Zuvor hatten sie 1,9 % Inflation unterstellt. „Es wäre ein Fehler, einfach ausgehend vom dem, was wir heute getan haben, zu extrapolieren und anzunehmen, dass sich die Zinsen von jetzt an auf einem unausweichlichen Marsch nach oben befinden“, sagte Bailey. Das Ziel der Notenbank sei eine Stabilisierung der Preisentwicklung. Die Inflation solle wieder auf den Zielwert von 2,0 % zurückgeführt werden. Aber es herrsche „schrecklich große Ungewissheit“, fügte er hinzu.

Quantitative Tightening

Einstimmigkeit herrschte im MPC darüber, dass die zur Ankurbelung der Konjunktur zusammengekauften Anleihenbestände im Volumen von 895 Mrd. Pfund abgeschmolzen werden sollen. Das Komitee beschloss einstimmig, Erlöse aus der Rückzahlung auslaufender Staatsanleihen (Gilts) nicht in neue zu investieren. Im laufenden und kommenden Jahr werden Gilts im Nennwert von gut 70 Mrd. Pfund fällig, 2024 und 2025 geht es um ein Volumen von 130 Mrd. Pfund. Der Bestand an Unternehmensanleihen soll bis Ende 2023 abgebaut sein.

Sollte sich die britische Volkswirtschaft im Großen und Ganzen so entwickeln wie im zentralen Szenario der Notenbank, „ist eine weitere moderate Straffung der Geldpolitik in den kommenden Monaten vermutlich angemessen“, heißt es im Protokoll der MPC-Sitzung. „‚Moderat‘ ist vielleicht nicht das richtige Wort, um das Tempo der künftigen Zinserhöhungen zu beschreiben“, sagte der Volkswirt Henry Cook von MUFG.