Selbstgerechte Eskalationspolitik
Kommentar
Selbstgerechte Eskalationspolitik
Von Andreas Heitker
Dass die Aufstellung des Bundeshaushaltes 2025 für die Ampel zu einem echten Kraftakt wird, haben mittlerweile alle verstanden. Die Frage, ob die Koalition dieser Belastungsprobe standhält, wird ja nicht ohne Grund immer wieder gestellt. Dies zeigen derzeit tagtäglich die öffentlichen Auseinandersetzungen zwischen Finanzminister Christian Lindner und seinen Kabinettskollegen über mögliche Einschnitte in den Sozialetats, der Entwicklungshilfe oder den Energiesubventionen. Umso unverständlicher ist es, dass die FDP aktuell noch weiter an der Eskalationsspirale dreht, indem sie die aktuelle Fiskal- noch enger mit der Rentenpolitik verknüpft. Nachdem die Liberalen zuletzt eine Kabinettsbefassung zum Rentenpaket II verhindert hatten, beschloss das Präsidium der Partei gestern ihren Fünf-Punkte-Plan für eine „generationengerechte Haushaltspolitik“.
Das Rentenpaket II ist ein Minimalkonsens der Ampel, der nach langem Ringen erreicht und Anfang März gemeinsam von Lindner und Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) öffentlich vorgestellt wurde. Inhaltlich bietet dieses Paket viel Angriffsfläche: Die langfristige Stabilisierung des Rentenniveaus geht auf Kosten der jüngeren Generation und wird mit höheren Beiträgen sowie Rentenausgaben erkauft, die sich bis 2045 mehr als verdoppeln. Dass Deutschland angesichts der demografischen Entwicklung eine echte und mutige Rentenreform benötigt, dürfte jedem klar sein. Aber es geht nicht, dass von der Regierung öffentlich verkündete Einigungen nach nur zwei Monaten wieder von einzelnen Koalitionären einkassiert oder als Druckmittel verwendet werden, um eigene Parteitagsbeschlüsse mit der Brechstange durchzusetzen. Dies sorgt für Frust, für schlechte Umfragewerte und leistet zudem einer Politikverdrossenheit Vorschub, von der lediglich extreme Parteien profitieren.
Die Ampel muss sich in der Rentenpolitik auf das aktuell Machbare konzentrieren. Und das sind beispielsweise Anreize für das freiwillige längere Arbeiten, wofür ja schon Vorschläge auf dem Tisch liegen. Rentenkürzungen, ein späteres Renteneintrittsalter oder weiter gehende Reformen sind mit den Sozialdemokraten nicht zu machen. Das hat zuletzt Bundeskanzler Olaf Scholz am Wochenende klargemacht. Bis Anfang Juli muss ein Budget aufgestellt werden, in dem derzeit noch eine Lücke von mehr als 20 Mrd. Euro klafft. In einer solchen Situation mit einer generationengerechten Haushaltspolitik zu kommen ist nur eine selbstgerechte Eskalationspolitik.