Rezession wohl knapp vermieden
Rezession wohl knapp vermieden
Deutsche Wirtschaft dürfte um 0,2 Prozent wachsen − Beschäftigungsabbau verlangsamt sich
Von Alexandra Baude, Frankfurt
Die deutsche Wirtschaft dürfte im ersten Quartal wohl knapp an einer Rezession vorbeigeschrammt sein, gleichwohl verbessert sich die konjunkturelle Ausgangslage für die neue Bundesregierung damit keineswegs. Denn angesichts des von US-Präsident Donald Trump entfachten Zollkriegs, der damit wahrscheinlicher werdenden Rezession in den USA − die das Hauptabnehmerland deutscher Waren ist − und der anhaltenden Unsicherheit, die Unternehmen und Verbraucher bei Investitionen zögern lässt, erwarten Ökonomen bereits für das zweite Quartal wieder eine schrumpfende Wirtschaftsleistung. Und auch wenn Frühindikatoren minimale Entspannungssignale für den Arbeitsmarkt senden, bleiben die Jobsorgen groß und halten das Konsumklima im Keller.
Plus von 0,2% erwartet
Ökonomen rechnen mit einem BIP-Wachstum von 0,2% im Quartalsvergleich zu Jahresbeginn. Das Statistische Bundesamt (Destatis) gibt die erste Schnellmeldung am Mittwoch ab. Im vierten Quartal war das BIP noch um 0,2% geschrumpft. Mit einem weiteren Minusquartal in Folge wäre die Definition einer technischen Rezession erfüllt. Für den Euroraum − Eurostat berichtet ebenfalls am Mittwoch − wird gleichfalls ein Plus von 0,2% prognostiziert. Damit wäre Deutschland erstmals seit längerem wieder gleichauf mit den anderen Euro-Ländern und nicht mehr unter den Schlusslichtern. Spanien wiederum dürfte sich weiter als Wachstumslokomotive erweisen.
Vorgezogene US-Aufträge helfen
Ursächlich für das Wachstum hierzulande dürften wohl vorgezogene Aufträge aus den USA in Erwartung der kommenden Zollerhöhungen sein. Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer verweist aber auch auf Probleme bei der Saisonbereinigung des BIP. „Denn in den Jahren 2022 bis 2024 hat das reale BIP im ersten und dritten Quartal immer zugelegt und ist im zweiten und vierten Quartal immer gefallen, wobei der Trend leicht nach unten zeigte.“ Zuletzt habe es einige ermutigende Zeichen gegeben, dass dieser Abwärtstrend ein Ende gefunden hat. „So dürfte die Produktion in der Industrie leicht zugelegt haben, und auch in einigen Dienstleistungssektoren sollte ein Plus zu Buche stehen“, analysiert Krämer.
IAB-Barometer legt zu
Die stärkeren Einzelhandelsumsätze im Januar und Februar sprechen für ein leichtes Anziehen des Konsums. Die Aussichten bleiben aber trübe, denn die Lage am Jobmarkt ist schwierig. Das IAB-Arbeitsmarktbarometer verzeichnete allerdings erstmals nach sieben Rückgängen wieder einen Anstieg. Der Frühindikator des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) legte um 0,3 auf 98,6 Punkten, wozu sowohl die Komponente zur Vorhersage der Arbeitslosigkeit als auch die Beschäftigungskomponente beitrugen. „In den Erwartungen der Arbeitsagenturen gibt es einen ersten Hoffnungsschimmer – mehr aber noch nicht“, mahnt IAB-Experte Enzo Weber. „Die angekündigten Finanzpakete könnten einen Stimmungsumschwung bewirken, aber die Krise der Industrie und der Handelskonflikt belasten die Aussichten.“ Das Ifo-Beschäftigungsbarometer zeigt mit dem Plus von 1,1 auf 93,9 Punkte, dass die Unternehmen zwar weiter Stellen abbauen, doch weniger stark als noch im Vormonat.
Keine Trendwende in Sicht
„Es ist noch zu früh, um von einer Trendwende auf dem Arbeitsmarkt zu sprechen“, sagt Klaus Wohlrabe, Leiter der Ifo-Umfragen. „Wir sehen einen starken Anstieg der Unsicherheit, dies könnte die Situation wieder verschärfen.“ Insbesondere in der Industrie habe das Barometer zwar zugelegt, dennoch würden weiterhin Stellen abgebaut. „Es gibt keine Industriebranche, in der die Mitarbeiterzahl steigen soll“, betont das Ifo. Bei den Dienstleistern würden vor allem von IT-Dienstleistern neue Mitarbeiter gesucht, insgesamt würden sich aber die positiven und negativen Antworten die Waage halten. Im Handel stehen die Zeichen trotz Anstiegs des Ifo-Barometers auf Personalabbau. „Auch im Baugewerbe gibt es eine leichte Tendenz, mit weniger Personal auszukommen“, erklärten die Münchener Wirtschaftsforscher weiter.
Auch auf dem europäischen Arbeitsmarkt lässt sich weiter keine Wende zum Besseren erkennen, erklärt IAB-Experte Weber zum Rückgang des European Labour Market Barometer nach zuletzt zwei Anstiegen. Der Frühindikator des Europäischen Netzwerks der öffentlichen Arbeitsverwaltungen und des IAB fiel im April im Vergleich zum Vormonat um 0,2 auf 99,5 Punkte.