US-Inflation

Riskanter Kurs

Die US-Notenbank hat angesichts der weiter hohen Inflation keine andere Wahl, als die geldpolitischen Zügel deutlich straffer zu ziehen. Gleichwohl lauert in den USA die akute Gefahr einer Rezession, die als Folge der verschärften Geldpolitik weiter zunehmen wird.

Riskanter Kurs

In einer Zeit, in der die wirtschaftliche Entwicklung von den Folgen einer globalen Pandemie, dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine und geopolitischer Unsicherheit geprägt ist, ist es nicht leicht, akkurate Prognosen zu erstellen. Gleichwohl sorgte der jüngste US-Verbraucherpreisindex insofern für eine gewisse Erleichterung bei Ökonomen, als er nach Ansicht der meisten Volkswirte zu signalisieren scheint, dass die Inflation ihren Höhepunkt überschritten haben dürfte. Doch ist dem wirklich so, oder ist der Rückgang der CPI-Gesamtrate, die nun zwei Monate in Folge nachgegeben hat, kaum mehr als ein Silberstreif am Inflationshorizont?

Entscheidend dafür, dass sich der Preisauftrieb verringert hat, ist der Rückgang der Energie- und speziell der Benzinpreise, die während des Sommers nicht nur die Reisepläne, sondern das gesamte Konsumverhalten der Haushalte beeinflusst haben. Wird diese höchst volatile Komponente ausgeklammert, dann bleibt die Inflation im historischen Vergleich weiter hoch – getrieben von steigenden Lebensmittelpreisen, Wohnkosten und Kosten der Krankenversorgung.

So gesehen ist es kein Wunder, dass Experten kommende Woche eine weitere Zinserhöhung der Fed um 75 Basispunkte als gegeben ansehen und einige sogar glauben, dass die Fed einen noch aggressiveren Zinsschritt beschließen und womöglich sogar ihren Bilanzabbau beschleunigen könnte. Dafür spricht unter anderem, dass in Sachen Inflation vor allem Dienstleistungen kräftigen Nachholbedarf haben und sich weiter verteuern werden. Daher ist noch für längere Zeit mit Zinserhöhungen zu rechnen.

Unterdessen ist ungewiss, welche Wirkung die geldpolitische Straffung entfalten wird und ob Fed-Chef Jerome Powell das Risiko eingeht, den Bogen zu überspannen. Natürlich sind die Währungshüter noch von den Zuständen der frühen 1980er Jahre entfernt, als unter dem damaligen Fed-Vorsitzenden Paul Volcker zweistellige Zinssätze zur Tagesordnung gehörten. Dennoch muss sich die Fed heute die Frage stellen, inwieweit sie mit höheren Zinsen und einer Reduktion der Bilanzsumme allein die Inflation in den Griff bekommen kann.

Einfluss hat sie nämlich ausschließlich auf die nachfrageseitige Komponente der Teuerung, nicht aber auf die Angebotsseite, wie kein Geringerer als Powell selbst festgestellt hat. Angesichts der beispiellosen Lieferkettenstörungen als Folge der Pandemie, des ungewissen Kriegsverlaufs in der Ukraine und anderer Unwägbarkeiten, insbesondere auf geopolitischer Ebene, die ebenfalls auf die Inflation durchschlagen, sind der Fed nämlich Grenzen gesetzt.

Gleichzeitig darf die Notenbank nicht die gesamtwirtschaftlichen Folgen ihrer Geldpoli­tik aus dem Auge verlieren. Nach zwei aufeinanderfolgenden Quartalen negativen Wachstums bleibt nämlich die Rezessionsgefahr in den USA akut. Dazu wird im weiteren Verlauf auch die verschärfte Geldpolitik beitragen. Das zeigt sich bereits am Häusermarkt, wo die Hypothekenzinsen unverhältnismäßig hoch sind und viele Käufer am Eigenheimerwerb hindern. Die Fed muss die Zügel straffer ziehen, daran führt kein Weg vorbei. Doch sie darf auf keinen Fall die Konjunkturrisiken übersehen, die in den kommenden Monaten weiter zunehmen werden.

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