Bundesbankpräsident Joachim Nagel hält die Lohnentwicklung in der Eurozone für „ein wenig die große Unbekannte“ bei der Inflationsentwicklung in diesem Jahr. Daher möchte er diese Daten erst abwarten, ehe die Europäische Zentralbank (EZB) über den Zeitpunkt der ersten Zinssenkung entscheidet. „Ich würde gern sehen, wie sich die Löhne entwickeln könnten in der Eurozone in den nächsten zwölf Monaten“, sagte Nagel am Montag bei Bloomberg-TV.

Da wichtige Daten zur Lohnentwicklung in den Euro-Ländern erst im Mai vorliegen, wären Zinssenkungen vor der geldpolitischen Sitzung Anfang Juni kein Thema, insofern sich der EZB-Rat der Meinung Nagels anschließt.

EZB-Chefvolkswirt Philip Lane hatte am Wochenende in einem Interview mit der italienischen Zeitung „Corriere della Sera“ ebenfalls die Bedeutung der Lohndaten betont. Damit sprach auch er sich gegen eine zeitnahe Lockerung aus. Gleichzeitig sagte er jedoch, dass eine Reihe von Zinssenkungen im Laufe des Jahres möglich seien. Für Österreichs Notenbankchef Robert Holzmann wiederum ist es keine ausgemachte Sache, dass die EZB 2024 überhaupt die Zinsen senkt. Die Angriffe der Huthi-Rebellen auf Frachtschiffe im Roten Meer könnte die Inflation hoch halten, sagte er am Montag.

Von Bloomberg befragte Ökonomen rechnen damit, dass die EZB ab Juni die Zinsen senkt. Weitere Lockerungen erfolgen der Umfrage zufolge im September, Oktober und Dezember. Der Prognose nach sinken die Leitzinsen jedes Mal um 25 Basispunkte, womit der Einlagensatz zum Jahresende bei 3% läge.