Start-ups sollen den Aufschwung beflügeln
SERIE ZUR BUNDESTAGSWAHL (11): Wachstumskapital für Deutschland
Start-ups sollen den Aufschwung in Deutschland beflügeln
Branchenverband dringt auf Ausbau der WIN-Initiative – Parteien haben Gründer und junge Wachstumsunternehmen unterschiedlich stark im Fokus
Von Angela Wefers, Berlin
Mehr privates Kapital für Wachstum ist einer der Schlüssel, um die Wirtschaftsmalaise in Deutschland zu überwinden. Das propagieren einige Parteien vor der Bundestagwahl. Auch für die aufstrebende Gründerszene in Deutschland ist die Finanzierungsfrage zentral. Industrielle Gründungen brauchen einen längeren Atem bis zur Marktreife. Nicht mehr ganz so junge Unternehmen finden in ihren späteren Wachstumsphasen oft schwer neue Mittel.
Die Erkenntnis, mehr für den Start-up-Sektor zu tun, spiegelt sich in einigen Wahlprogrammen. Die Start-up-Szene ist mittlerweile regional breiter gestreut – über die Leuchtturm-Standorte Berlin und München hinaus. Führend sind dem Deutschen Start-up-Monitor 2024 zufolge unter den Flächenländern Nordrhein-Westfalen, Bayern und Baden-Württemberg. Grund genug, auch diese Wähler mit der politischen Agenda anzusprechen. Die Wählergruppe spielt zwar quantitativ keine so große Rolle, die Parteien adressieren das Thema dem Wahlforscher Matthias Jung zufolge aber, um ein Stück weit Modernität zu demonstrieren.
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Reform in der letzten Minute
Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte die Förderung von Wachstumsunternehmen über den Zukunftsfonds von der Vorgängerregierung übernommen und ausgebaut. Im vergangenen Herbst hatte Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) die von ihm angestoßene WIN-Initiative für mehr Wagnis- und Innovationskapital zu einem ersten Ergebnis gebracht. Im Bündnis mit der Regierung sagten die Finanzmarktakteure privates Venture Capital (VC) von 12 Mrd. Euro bis 2030 zu.
Zwei Reformen standen auf der WIN-To-do-Liste der Regierung. Die steuerliche Modernisierung von VC-Investments wurde nicht umgesetzt. Die Modifikation der Anlagenverordnung im Versicherungsaufsichtsgesetz hat Lindners Nachfolger Jörg Kukies (SPD) noch Ende Januar ohne Bundestagsvotum in Kraft gesetzt. Nun ist für Pensionskassen, Pensionsfonds, kleine Versicherer oder Versorgungseinrichtungen eine Infrastrukturquote von 5% des Sicherungsvermögens verankert sowie eine Ausweitung der Quote für Private-Equity-Anlagen.
Die neue Regierung soll die WIN-Initiative fortführen und ausbauen, fordert der Start-up-Verband. Der weitgehend erschöpfte Zukunftsfonds muss aus Verbandssicht selbst zukunftsfähig gemacht werden, um über 2030 hinausreichen zu können. Attraktive Exit-Kanäle wie Trade Sales und Börsengänge seien essenziell, um den Finanzierungskreislauf sicherzustellen. Weitere Punkte beziehen sich auf den Zugang ausländischer Talente, unbürokratische Gründungen, die digitale Transformation, die Förderung von Deep-Tech oder eine erleichterte öffentliche Vergabe.
Die Finanzmarktreformen im Zukunftsfinanzierungsgesetz II blieben bei der Ampel liegen. Die Wahlprogramme von FDP, CDU/CSU und Grünen widmen sich am stärksten Start-ups. Kapitalsammelstellen wie Versicherer und Pensionsfonds sollen stärker in Aktien und Venture Capital investieren können, schreibt die FDP. Sie will private Investoren steuerlich besser stellen. Die Union postuliert: „Wir machen Lust auf Unternehmertum.“ Mit einer „Schutzzone“ will sie Gründer in der Startphase weitgehend von bürokratischen Vorschriften befreien.
Booster für Gründer
Die Grünen wollen Gründungen „in ihrer Vielfalt“ unterstützen. Besonders Gründerinnen und nachhaltige Start-ups wollen sie mit verbesserten Finanzierungsangeboten „boostern“ und den Weg für Forschungsergebnisse in den Markt ebnen. Die SPD erwähnt Start-ups nur im selben Atemzug mit Industrie, KMU, Dienstleistungen, Handwerk und Landwirtschaft. Alle sollen in einem „modernen Land mit den richtigen Rahmenbedingungen“ aufblühen können. Bei der AfD kommen Existenzgründer nur im Agrarbereich vor.
Hier finden Sie alle Teile der Serie zur Bundestagswahl 2025.
Zuletzt erschienen: „Ökonomische Fragen sind völlig unterrepräsentiert“ (19.2.) Kampf gegen Windmühlen (18.2.)