Wirtschaftsgipfel der Ampel-Parteien

Stimmung der Wirtschaft rutscht weiter ab

Die zwei parallelen Wirtschaftsgipfel der Ampelkoalition sind am Dienstag erwartungsgemäß ohne konkrete Beschlüsse geblieben. Neue Vorschläge zur Stärkung von Standort und Wachstum gab es nicht. Die Verbände drängten die Regierung zu einem gemeinsamen Handeln. Denn die Erwartungen trüben sich weiter ein.

Stimmung der Wirtschaft rutscht weiter ab

Stimmung der Wirtschaft rutscht weiter ab

Gipfeltreffen ohne Ergebnisse – DIHK-Umfrage: Geschäftserwartungen sinken – Autoindustrie warnt vor massivem Jobverlust

Die zwei parallelen Wirtschaftsgipfel der Ampelkoalition sind am Dienstag erwartungsgemäß ohne konkrete Beschlüsse geblieben. Neue Vorschläge zur Stärkung von Standort und Wachstum gab es nicht. Die Verbände drängten die Regierung zu einem gemeinsamen Handeln. Denn die Erwartungen trüben sich weiter ein.

ahe Berlin

Die Stimmung in der deutschen Wirtschaft rutscht immer mehr ab. Einer aktuellen Umfrage der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) unter 25.000 Unternehmen zufolge haben sich seit dem Frühjahr sowohl die Geschäftslage als auch die Erwartungen weiter verschlechtert. „Die deutsche Wirtschaft verliert den Anschluss“, warnte Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben. Anders als die Bundesregierung und die Wirtschaftsforschungsinstitute erwartet die DIHK auch im nächsten Jahr kein Wachstum, sondern nur eine Stagnation. „Wir sehen keinen Grund für Optimismus. Die Unsicherheiten sind zu groß.“

Dies gilt insbesondere für die Industrie. Laut der Umfrage schätzen aktuell bereits 35% der Unternehmen ihre Lage als schlecht ein. Demzufolge ist insbesondere im Fahrzeugbau ein Jobabbau absehbar. Der DIHK-Umfrage zufolge hat zudem jedes zweite Unternehmen in dieser Branche aktuell ein Problem bei der Finanzlage. 30% der Hersteller von Kfz-Teilen und -Zubehör hätten einen erschwerten Fremdkapitalzugang, hieß es. Eine am Dienstag veröffentlichte Erhebung des Prognos-Instituts im Auftrag des Verbandes der Automobilindustrie (VDA) prognostizierte, dass bei den deutschen Autobauern bis 2035 bei gleichbleibender Entwicklung weitere rund 140.000 Arbeitsplätze verloren gehen könnten.

Oliver Blume, VW-Vorstandsvorsitzender, erschien ebenfalls zum Industriegipfel im Bundeskanzleramt (Foto: picture alliance/dpa | Kay Nietfeld).

Die deutschen Wirtschaftsverbände riefen die Bundesregierung zum raschen und gemeinsamen Handeln auf. Zwei Spitzengespräche der Verbände am Dienstag mit Vertretern der Ampel waren allerdings erwartungsgemäß ohne konkrete Ergebnisse geblieben. Vertreter der Autoindustrie, der Gewerkschaften und des BDI diskutierten mögliche politische Maßnahmen am Nachmittag im Bundeskanzleramt. Dessen Hausherr Olaf Scholz (SPD) wollte sich nicht zu dem Treffen äußern.

Eine Koalition, zwei Gipfel

Zuvor hatten sich bereits FDP-Chef und Finanzminister Christian Lindner und der FDP-Fraktionsvorsitzende Christian Dürr mit Spitzenvertretern der Arbeitgeberverbände, des Handwerks, der Familienunternehmer, der Freien Berufe sowie des DIHK ausgetauscht. Lindner betonte im Anschluss, im Zuge der aktuellen Haushaltsberatungen müsse es Entscheidungen der Ampel geben. Als Hauptprobleme bezeichnete er das zu geringe Produktivitätswachstum, das zu geringe Arbeitsvolumen sowie den deutschen Sonderweg in der Klima- und Energiepolitik. Wirtschaftsminister Robert Habeck hatte bereits in der vergangenen Woche Vorschläge vorgelegt, wie es zu mehr Wachstum kommen könnte.

Nach Angaben des DIHK liegen die Bruttoanlageinvestitionen in Deutschland noch immer deutlich unter dem Vor-Corona-Niveau. Laut der Umfrage will zudem ein Drittel der Unternehmen seine Investitionen in Deutschland zurückfahren. In der Industrie sind es sogar 40%. „Die Anzeichen für eine Deindustriealisierung erhärten sich“, hieß es.

Arbeitgeber-Präsident Rainer Dulger nach dem FDP-Wirtschaftsgipfel. Die Regierung müsse nach dem politischen Schaulaufen endlich ins Handeln kommen, forderte er (Foto: picture alliance/dpa | Kay Nietfeld).

Arbeitgeberpräsident Dulger forderte von der Bundesregierung eine Strategie, die sich an allen Bereichen der Wirtschaft orientiere und nicht nur an einzelnen Sektoren. „Ich erwarte von der Ampel, dass sie dabei mit den Möglichkeiten, die sie hat, klarkommt“, stellte er fest. „Sie muss gemeinsam – und ich betone gemeinsam – die richtige Wirtschaftspolitik machen, diesen Standort wieder wettbewerbsfähig zu machen.“ Auch VDA-Präsidentin Hildegart Müller betonte: „Wir brauchen jetzt Standortpolitik.“

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