Taiwan-Krise flammt auf
dpa-afx/rec Frankfurt
Aus Verärgerung über den Besuch einer weiteren Delegation aus den USA in Taiwan hat China neue Manöver um die demokratische Inselrepublik angekündigt. Ungeachtet der Drohungen aus Peking empfing Taiwans Präsidentin Tsai Ing-wen fünf Abgeordnete unter Leitung des demokratischen Senators Ed Markey. Derweil mehren sich Warnungen, dass eine Eskalation der Taiwan-Krise gravierende Folgen für die Weltwirtschaft hätte.
Die Visite aus den USA erfolgt knapp zwei Wochen nach dem heftigen Streit mit Peking über den Besuch der US-Spitzenpolitikerin Nancy Pelosi in Taiwan. Chinas kommunistische Führung sieht die Insel als Teil der Volksrepublik an, lehnt offizielle Kontakte anderer Länder zu Taipeh entschieden ab und droht mit einer Eroberung. Taiwan hingegen versteht sich als unabhängig.
Peking sprach von einer neuen „Provokation“ der USA. Die Volksbefreiungsarmee werde Übungen in der Luft und zur See um Taiwan abhalten, um die USA und Taiwan abzuschrecken, sagte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums. Chinas Militär werde sich weiter „für einen Krieg vorbereiten“, die Souveränität Chinas verteidigen und den Separatismus in Taiwan und ausländische Einmischungsversuche niederschlagen. Schon als Reaktion auf den Besuch Pelosis hatte Peking groß angelegte Manöver um Taiwan aufgenommen. Die Regierung ließ unter anderem eine See- und Luftblockade und eine mögliche Invasion üben. Dazu gab es Raketentests. Es war die größte militärische Machtdemonstration seit Jahrzehnten.
Die Meerenge zwischen der Insel Taiwan und dem Festland ist eine der wichtigsten Handelsverbindungen in der Region. Dementsprechend schüren die Spannungen Sorgen um die Weltwirtschaft insgesamt. Die Ratingagentur DBRS Morningstar schreibt in einer am Montag veröffentlichten Analyse: „Eine vollständige Invasion wäre eine ernsthafte Bedrohung für die Weltwirtschaft.“ Die Vorzeichen für die Weltwirtschaft haben sich schon vor der Eskalation der Taiwan-Krise mit dem Besuch Pelosis verschlechtert. Dass der Konflikt nun abermals aufflammt, schürt Sorgen, dass die Weltwirtschaft in eine Rezession taumelt (vgl. BZ vom 6. August).
Die Analysten von DBRS Morningstar heben die Bedeutung Chinas und Taiwans als kaum ersetzbare Lieferanten für Industrien in großen Volkswirtschaften hervor. Als Beispiele nennen sie Halbleiter und Seltene Erden. Der Taiwan-Konflikt könnte deshalb „weitaus stärkere wirtschaftliche und finanzielle Auswirkungen haben als der aktuelle Konflikt zwischen Russland und der Ukraine“, heißt es. „Die jüngsten Spannungen um den Status Taiwans machen eine globale Rezession wahrscheinlicher“.
Chinas Militärsprecher sieht in der Visite der US-Politiker in Taipeh einen „offenen Verstoß“ gegen die Vereinbarungen zwischen China und den USA und eine Verletzung der chinesischen Souveränität und territorialen Integrität. Taiwans Präsidentin Tsai sagte, die Invasion Russlands in der Ukraine habe gezeigt, dass autoritäre Staaten die Weltordnung bedrohten. Chinas Manöver gefährdeten ernsthaft den Frieden und die Stabilität in der Region.