US-Handelspolitik

Trump zerschlägt das Welthandelssystem

US-Präsident Trump will Importe mit – je nach Herkunftsland – unterschiedlich hohen „Gegenzöllen“ belasten. Als Handelshemmnis für US-Produkte sieht er dabei auch die Mehrwertsteuer an und will dagegen vorgehen. Der EU droht er mit einem Handelskrieg.

Trump zerschlägt das Welthandelssystem

Reziproke Einfuhrzölle

Trump zerschlägt das Welthandelssystem

Präsident will mit Überschussländern verhandeln – Ansonsten könnten Zölle im April in Kraft treten

US-Präsident Trump will Importe mit – je nach Herkunftsland – unterschiedlich hohen „Gegenzöllen“ belasten. Als Handelshemmnis für US-Produkte sieht er dabei auch die Mehrwertsteuer an, die vor allem der US-Autoindustrie zum Nachteil gereicht, und will dagegen vorgehen. Der EU droht er mit einem Handelskrieg.

det Washington

US-Präsident Donald Trump hat eine fundamentale Wende in der US-Handelspolitik eingeleitet. Er will nach einer Vielzahl von Kriterien differenzierte und „reziproke“ Einfuhrzölle gegen Handelspartner verhängen. Das neue System, wonach für einzelne Länder verschiedene Abgaben gelten werden, verletzt Experten zufolge nicht nur Regeln der Welthandelsorganisation (WTO). Es stellte zugleich eine Abkehr von einem regelgestützten, globalen Handelssystem dar, an das sich US-Präsidenten seit Jahrzehnten gehalten haben – und das die USA als globale Führungsmacht einst selbst durchgesetzt hatte.

Formeln bestimmen Zollhöhe

Trump kündigte am Donnerstagabend an, dass sein Handelsminister Howard Lutnick und Außenhandelsbeauftragte Jamieson Greer die Regie führen werden. Sie sollen Formeln für einzelne Länder entwickeln. Trump möchte sich insbesondere Staaten vorknöpfen, die andauernd hohe Überschüsse gegenüber den USA aufweisen. Das größte Defizit verzeichnen die USA seit langer Zeit gegenüber China. Im abgelaufenen Jahr belief sich der Passivsaldo auf 295,4 Mrd. Dollar.

Dicht gefolgt wird das Reich der Mitte von der Europäischen Union (EU) mit einem Überschuss von 235,6 Mrd. Dollar. „Die EU ist uns gegenüber sehr fies“, sagte Trump und schloss ohne eine Einigung nicht aus, dass es zu einem Handelskrieg kommen wird. An den Pranger stellen wird er auch Mexiko, wo die USA einen US-Fehlbetrag von 171,8 Mrd. Dollar hatten. Warm anziehen muss sich zudem Deutschland mit einem Plus von fast 85 Mrd. Dollar. Unterdessen könnten Überschussländer wie die Niederlande, das Vereinigte Königreich, Belgien, Brasilien und Australien von den Zöllen verschont bleiben.

Bilanzausgleich als Endziel

Lutnick sagte, dass die neuen Formeln bereits bis Anfang April vorliegen könnten. Auf deren Umsetzung würde Trump nur dann verzichten, wenn bilaterale Verhandlungen vorher zu einer Einigung führen, um auf den Ausgleich der bilateralen Bilanzen hinzuarbeiten. Neben den Überschüssen werden auch andere Kriterien ins Gewicht fallen. Etwa bestehende Zölle gegen die USA und nichttarifäre Schranken. Dazu zählen branchenspezifische Subventionen, beispielsweise die europäische Landwirtschaft.

Auch wollen Lutnick und Greer die Besteuerung ausländischer Produkte und insbesondere die Mehrwertsteuer in die Abwägung mit einbeziehen. Die Steuer ist Trump seit geraumer Zeit ein Dorn im Auge. Peter Navarro, einer der Wirtschaftsberater des Präsidenten, bezeichnet die deutsche Mehrwertsteuer als „Paradebeispiel für die ungerechte Behandlung von US-Unternehmen“.

US-Autohersteller benachteiligt

Diese hätte zur Folge, dass „die deutsche Autoindustrie Millionen von Wagen in den USA verkauft, US-Hersteller aber auf dem deutschen Markt keinen Stich machen können“. Nicht zuletzt werden die „Zoll-Formeln“ zudem die Wechselkurspolitik der Partnerländer in Betracht ziehen. Trump hat ungeachtet des Bestehens der europäischen Gemeinschaftswährung Deutschland in der Vergangenheit vorgeworfen, den Wechselkurs zum Vorteil der eigenen Ausfuhrwirtschaft zu manipulieren.

Viele Experten sind überzeugt, dass es sich bei der Androhung der Einfuhrzölle lediglich um einen strategischen Schachzug handelt. Trump wolle damit zum einen die eigene Verhandlungsposition in bilateralen Gesprächen stärken. Zum anderen wolle er ausländische Unternehmen motivieren, in den USA zu fertigen. „Wenn ihr bei uns produziert, dann gibt es keine Zölle“, sagte der Präsident.

Dass er gegen bestehende WTO-Regeln verstößt, scheint Trump nicht aus der Ruhe zu bringen. „Die WTO verbietet zum einen die Diskriminierung einzelner Länder, und genau das täten die USA mit der Anwendung verschiedener Zollsätze“, sagte Chad Bown vom Peterson Institute for International Economics (PIIE) in Washington. „Regelwidrig wäre auch, wenn einige der Abgaben die von der WTO festgelegten Höchstsätze überschreiten, und davon wird bei einigen Ländern auszugehen sein.“

Brüssel setzt auf Einigung

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hält eine Einigung im Zollstreit mit den USA für möglich. Man sei dazu bereit, für beide Seiten vorteilhafte Lösungen zu finden, sagte von der Leyen am Freitag am Rande der Sicherheitskonferenz in München zu Journalisten. Sollten die US-Einfuhrzölle auf das Niveau des jeweiligen Handelspartners erhöht werden, würde dies einer Studie zufolge Deutschland besonders stark treffen.

In einer Analyse gehen Ökonomen von etwa der Hälfte der deutschen Exporte in die USA aus. „Denn bei ihnen erhebt die EU bei den entsprechenden Produkten höhere Zölle als die Vereinigten Staaten“, sagte Commerzbank-Ökonom Vincent Stamer. Die größte Gruppe seien Kraftfahrzeuge, bei denen ein um etwa sechs Prozentpunkte höherer Zoll drohe.


Kommentar zur nächsten Stufe von Trumps Handelspolitik