Geldpolitik

Türkische Notenbank sorgt für Verwunderung

Mit einer Zinssenkung trotz 80 Prozent Inflation schockt die türkische Zentralbank die Märkte. Die Kollegen in Norwegen verschärfen dagegen ihren Kampf gegen die Inflation.

Türkische Notenbank sorgt für Verwunderung

rec Frankfurt

Mit einer nicht für möglich gehaltenen Zinssenkung hat die türkische Notenbank für allgemeine Verwunderung gesorgt. Am Donnerstag senkte sie den Leitzins von 14 auf 13%, obwohl die Inflation im Land außer Kontrolle geraten ist. Kein einziger der von Nachrichtenagenturen befragten Volkswirte hatte diese Entscheidung auf der Rechnung. Entsprechend geriet die Landeswährung Lira stark unter Druck.

Analysten sehen in der Zinssenkung möglicherweise den Beginn einer weiteren, akuten Währungskrise. Es wäre die vierte dieser Art innerhalb weniger Jahre. Gegen Ende 2021 war die Lira infolge von Zinssenkungen wochenlang im freien Fall. Zwischenzeitlich erholte sie sich zwar, verliert aber seit Monaten wieder an Wert. Infolge des jüngsten Beschlusses ist ihr Kurs zu Dollar und Euro nah an Allzeittiefs abgesackt: 1 Dollar kostet nun mehr als 18 Lira.

Seit mehr als einem Jahr kennt die Inflation in der Türkei kein Halten. Inzwischen liegt sie offiziellen Angaben zufolge bei knapp 80%. Damit dürfte der Höchststand noch immer nicht erreicht sein. Kritiker halten die Daten des türkischen Statistikamts ohnehin für geschönt und kommen auf Grundlage eigener Berechnungen auf dreistellige Inflationsraten.

Die Zentralbank steht unter Druck von Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan, für niedrige Zinsen zu sorgen. Trotzdem spekulierten manche Analysten zuletzt über den Zeitpunkt für eine Notfallzinserhöhung. In früheren Währungskrisen griff die Notenbank schließlich zu diesem Mittel, um dem Lira-Verfall Einhalt zu gebieten. Allerdings kosteten Zinserhöhungen gegen Erdogans Willen mehrere Notenbankchefs ihren Job.

Die jetzige Zinssenkung begründete die Notenbank mit wachsenden geopolitischen Risiken für das Wirtschaftswachstum. Eine schwächere Entwicklung bei den Handelspartnern könne den Außenhandel belasten. Zudem seien die bisherigen Zinssenkungen nicht ausreichend am Anleihemarkt angekommen.

Zinserhöhung in Norwegen

Dagegen hat Norwegens Zentralbank ihren Kampf gegen die Inflation verschärft. Die Währungshüter in Oslo hoben den Leitzins um 0,5 Prozentpunkte auf 1,75% an. Ökonomen hatten damit gerechnet. Es ist die fünfte Zinserhöhung, seit die Notenbank den Leitzins im Zuge der Pandemie auf null abgesenkt hatte. Ihrer zweiten deutlichen Anhebung nacheinander dürfte im September nach eigener Auskunft höchstwahrscheinlich eine weitere folgen.

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