US-Jobmarkt legt weiter zu
det Washington
Trotz wachsender Angst davor, dass die US-Wirtschaft in eine Rezession abgleiten könnte, befindet sich der Arbeitsmarkt weiter im Aufwind. Im Juni entstanden außerhalb der Landwirtschaft 372000 neue Jobs, berichtete das Arbeitsministerium. Volkswirte hatten ein deutlich schwächeres Stellenwachstum vorausgesagt. Im Mai war es zu 384000 Neueinstellungen gekommen.
Die Arbeitslosenquote lag den vierten Monat in Folge bei 3,6%, der tiefste Stand seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie. Im Februar 2020 hatte die Quote 3,5% betragen. Angesichts des Stellenwachstums und der steigenden Löhne gilt als sicher, dass die Notenbank diesen Monat ihren Kurs verschärfen wird und eine weitere, kräftige Zinserhöhung beschließen wird.
Der Beschäftigungsaufbau konzentrierte sich vorwiegend auf Dienstleistungsunternehmen, und darin sehen einige Experten ein Risiko. Fachdienstleister, das Gast- und Freizeitgewerbe sowie das Gesundheitswesen machten zusammen mehr als die Hälfte der Neueinstellungen aus. Im verarbeitenden Gewerbe hingegen fanden nur 29000 Personen einen neuen Job. Das entspricht dem Vorkrisenniveau. In den meisten Branchen wurde dies noch nicht wieder erreicht. Für Jason Furman, Chefvolkswirt unter dem ehemaligen Präsidenten Barack Obama, deutet der Bericht aber darauf hin, dass Haushalte länger mit hohen Preisen werden kämpfen müssen. „An den Neueinstellungen sehen wir, dass immer mehr Jobs von der Industrie in den Dienstleistungssektor wandern, und dort ist die Inflation typisch hartnäckiger“, erklärte Furman.
Kräftiger Lohnanstieg
Auf anhaltend hohen Inflationsdruck deuten auch die höheren Arbeitskosten hin. Die durchschnittlichen Stundenlöhne legten um 0,3% zum Vormonat und im Vorjahresvergleich um 5,1% zu. Nachdenklich stimmt einige Experten die relativ niedrige Partizipationsrate von 62,2%. Diese unterstreiche, dass die Dauereffekte der Coronakrise viele Personen im erwerbsfähigen Alter von der Rückkehr in das Berufsleben abhielten.
Gleichwohl sind sich die meisten Experten darüber einig, dass der robuste Arbeitsmarkt der Wirtschaft helfen könnte, die befürchtete Rezession zumindest aufzuschieben. Führende Experten, darunter die Vorstandschefs von Goldman Sachs und der Großbank J.P. Morgan, hatten davor gewarnt, dass als Folge steigender Zinsen bis Mitte nächsten Jahres die akute Gefahr eines tiefen Einbruchs besteht.
US-Präsident Joe Biden versuchte, aus dem Bericht politisches Kapital zu schlagen, und konzentrierte sich auf das Stellenwachstum im Privatsektor. „Die Mission ist erfüllt“, sagte der Präsident. „Heute haben wir erfahren, dass der Privatsektor sämtliche Jobs zurückgewonnen hat, die während der Pandemie vernichtet worden waren.“ Am Arbeitsmarkt habe sich „die schnellste und stärkste Erholung in der US-Geschichte vollzogen“, sagte Biden und betonte, dass die von seiner Regierung beschlossenen Hilfsprogramme dazu maßgeblich beigetragen hätten.
Weitere Zinserhöhungen
Als sicher gilt nun, dass die Notenbank unbeirrt an ihrem strikten Kurs festhalten wird. Nach der Veröffentlichung des Arbeitsmarktberichts sagte Raphael Bostic, Präsident der Federal Reserve Bank von Atlanta, dass die jüngsten Zahlen auf einen robusten Arbeitsmarkt hindeuten. „Angesichts der weiter hohen Inflationsrate hat auch in diesem Monat eine Zinserhöhung um 75 Basispunkte meine volle Unterstützung.“ Die Entscheidung darüber wird der Offenmarktausschuss der Fed Ende Juli treffen.