US-Wirtschaft wächst überraschend stark
US-Wirtschaft wächst überraschend stark
Privatkonsum und Investitionen als Treiber – Fed auf schwierigem Kurs
det Washington
Gestützt vom Privatkonsum und von einer deutlichen Zunahme der Investitionstätigkeit hat die US-Wirtschaft im dritten Quartal an Fahrt aufgenommen. Das überraschend kräftige Wachstum wird aber nach Ansicht von Analysten kurzfristig keine Folgen für den geldpolitischen Kurs der Notenbank haben. Wie das Bureau of Economic Analysis (BEA) des Handelsministeriums berichtete, legte das annualisierte Bruttoinlandsprodukt von Juli bis September um 4,9% zu. Erwartet hatten Bankvolkswirte einen Wert zwischen 4,2% und 4,8%. Im zweiten Quartal war die Wirtschaft aufs Jahr hochgerechnet um 2,1% gewachsen.
Angetrieben wurde das Wachstum von den Verbrauchern, deren Ausgaben in den USA fast 70% des BIP ausmachen. So schraubten die Konsumenten ihre Ausgaben um 4,0% hoch, ein deutlicher Anstieg gegenüber den zuvor gemessenen 0,8%. Die Ausgaben für Waren kletterten um 4,8% und für Dienstleistungen um 3,6%. Die stärkste Zunahme ermittelte das BEA bei langlebigen Gütern wie Autos.
Investitionen legen kräftig zu
Einen überraschend großen Beitrag zum BIP-Wachstum im dritten Quartal leisteten auch die privaten Investitionen, die um 8,4% hochschossen – nach 5,2% Im Vorquartal. Vom zweiten Quartal 2022 bis zum ersten Quartal dieses Jahres waren die Investitionen infolge der hohen Zinsen eingebrochen, von Januar bis März 2023 gar um 9,0%. Der stärkste Anstieg der Investitionstätigkeit wurde nun beim Wohnungsbau festgestellt. Positiv schlugen auch die Exporte mit einem Plus von 6,2% zu Buche.
Unterdessen meldete das Ministerium in einem getrennten Bericht für September einen Anstieg des US-Handelsdefizits um 1,3%. Auch die staatlichen Ausgaben zogen kräftig um 4,6% an. Auf Bundesebene allein kam es zu einem Anstieg um 6,2%. Die wichtigste Komponente waren die Rüstungsausgaben. Experten weisen darauf hin, dass die weitere Entwicklung der Staatsausgaben entscheidend von der Verabschiedung eines neuen Haushaltsgesetzes abhängen wird. So hat in den USA das neue Fiskaljahr am 1. Oktober begonnen. Gleichwohl hat sich der Kongress bisher auf kein neues Budgetgesetz einigen können, und ohne die Verabschiedung einer weiteren Übergangsfinanzierung droht Mitte November der nächste Stillstand des Verwaltungsapparats.
Gegenwind zu erwarten
"Es sollte Investoren nicht überraschen, dass Verbraucher gegen Ende des Sommers ihre Ausgaben hochschraubten", sagte Jeffrey Roach, Chefvolkswirt bei LPL Financial. Geld floss unter anderem in Urlaubsreisen und Ausstattung für das im Spätsommer beginnende Schuljahr. "Die entscheidende Frage ist nun, ob der Trend in den kommenden Quartalen andauern kann, und damit rechnen wir nicht", so Roach. Auch andere Experten weisen auf den Gegenwind hin, mit dem die Wirtschaft in den kommenden Monaten zu kämpfen haben wird. Dazu zählt neben den hohen Zinsen die Wiederaufnahme von Ratenzahlungen für Studentendarlehen, die auf dem Privatkonsum lasten dürfte.
Fed wird auf Kurs bleiben
Angesichts dieser positiven Daten befindet sich die US-Notenbank in der Zwickmühle. Das jetzt gemeldete höhere Wachstum könnte darauf hindeuten, dass eine noch stärkere zinspolitische Bremsung nötig ist, um die hohe Inflation einzudämmen. Auch der US-Arbeitsmarkt, der eine wichtige Rolle für die Geldpolitik der Fed spielt, zeigte sich zuletzt – etwa beim Stellenaufbau – robust.
Beobachter erwarten Pause
Obwohl auch US-Notenbankchef Jerome Powell zuletzt betonte, dass die Inflation weiter zu hoch sei und Konjunktur sowie Stellenwachstum sich abschwächen müssten, ehe die Teuerungsrate sich auf das Inflationsziel von 2% zubewegen kann, erwarten Beobachter eine Pause. So unterstellte das Fed Watch Tool der CME Group nach der Veröffentlichung der Wachstumszahlen mit einer Wahrscheinlichkeit von über 90%, dass der Offenmarktausschuss (FOMC) der Fed die Zielzone für den Leitzins bei 5,25 bis 5,5% belassen wird. Schon im September hatte die Fed nicht weiter an den Zinsen geschraubt. Gleichwohl ist denkbar, dass die Fed im Dezember die Zügel straffer ziehen könnte, da Powell den Rückgang der Inflation einerseits als "vorteilhaft" beschrieb, aber zugleich betonte, dass "ein paar Monate günstiger Daten nur der Anfang sind".