Was Ökonomen Frankreich raten
wü Paris
Er umfasst gut 500 Seiten und hat nicht weniger als ein Jahr Arbeit in Anspruch genommen. Nun hat die aus 26 renommierten Ökonomen bestehende Kommission unter Vorsitz von Wirtschaftsnobelpreisträger Jean Tirole und dem früheren Chefvolkswirt des Internationalen Währungsfonds Olivier Blanchard Frankreichs Präsidenten Emmanuel Macron ihren Bericht zu den großen Herausforderungen übergeben, vor denen die zweitgrößte Volkswirtschaft der Eurozone nach der Corona-Krise steht. Es handele sich um eine Art Werkzeugkasten verschiedener Ideen und nicht um maßgeschneiderte Lösungen, erklärte Tirole. Wenn einer oder mehrere Kandidaten für die Präsidentschaftswahlen sie in ihr Programm aufnehmen wollten, sei das „genial“.
Der Klimawandel, die Alterung der Bevölkerung und die Ungleichheiten sind die drei großen Herausforderungen, die Frankreich erwarten. Es handele sich um Zeitbomben, deren kurzfristige Auswirkungen sehr viel schwächer als die langfristigen seien, heißt es in dem Bericht. Deshalb seien Entscheider versucht, auf Zeit zu spielen. Doch die Kosten, um sich diesen Herausforderungen zu stellen, stiegen mit der Zeit. Die Experten empfehlen deshalb im Kampf gegen den Klimawandel eine ambitionierte CO2-Bepreisung auf europäischer Ebene mit Hilfe einer Reform des bestehenden Emissionshandels sowie einer CO2-Steuer an den Außengrenzen der Europäischen Union.
Tirole und Blanchard halten zudem eine neue Rentenreform für unumgänglich. Dabei raten sie, nicht einfach das Renteneintrittsalter zu erhöhen, sondern ein Punktesystem einzuführen wie es die eigentlich von Macron 2019 angestoßene, wegen Covid auf Eis gelegte Reform vorgesehen hat.
Gesundheitsreform nötig
Der Bericht hält begleitende Maßnahmen wie die Entwicklung des Arbeitsmarktes für Senioren, eine Reform des Gesundheitssystems und die Integration von immigrierten Arbeitern für notwendig. Die Ökonomen sprechen sich auch für eine Reform der Erbschaftssteuern aus, die vielen Franzosen aufstoßen, da sie recht hoch sind. Um für mehr Chancengleichheit zu sorgen, plädieren sie dafür, künftig nicht mehr beim Tod eines Vererbenden zu besteuern, sondern stattdessen die Erben ihr Leben lang zu besteuern. Dabei soll die Schwelle, ab der eine Erbschaft besteuert wird, steigen.