Zinswende in Europa nimmt Fahrt auf
rec Frankfurt
In Europa nimmt die geldpolitische Wende zu höheren Zinsen Fahrt auf. Während Norwegens Währungshüter erwartungsgemäß die Aussicht auf eine zweite Zinserhöhung im Dezember bekräftigten, hat es Tschechiens Zentralbank den Kollegen in Polen gleichgetan und die Märkte mit einem kräftigen Aufwärtsschritt verblüfft.
Norwegen
Mit einem Achselzucken wurde die Entscheidung der Norges Bank aufgenommen, den Leitzins bei 0,25% diesmal nicht anzutasten. Denn Norwegens Zentralbank bleibt damit ihrem schon vor Monaten dargelegten Fahrplan treu: Sie hatte bei der vorangegangenen Sitzung als weltweit erste Notenbank eines Industrielandes ihre Geldpolitik gestrafft und den Leitzins um 25 Basispunkte erhöht. Einen solchen Schritt hat sie auch für die Sitzung im Dezember in Aussicht gestellt und diese Absicht am Donnerstag untermauert.
Tschechien
Anders die Entwicklung in Tschechien: Zwar hatten Analysten eine Zinserhöhung auf der Rechnung, verfolgen die dortigen Währungshüter doch einen vergleichsweise straffen Kurs in Reaktion auf den globalen Inflationsschub. Die Entscheidung der Nationalbank, den Leitzins gleich um 1,25 Prozentpunkte zu erhöhen, überraschte Beobachter dann aber doch. Der Leitzins liegt nun bei 2,75%. Es ist die stärkste Zinserhöhung seit 24 Jahren und die vierte in Folge. Von Reuters befragte Volkswirte hatten im Schnitt nur mit einer Erhöhung auf 2,25% gerechnet. Tschechien verfolgt eine im europäischen Vergleich besonders aggressive Geldpolitik. Die Inflationsrate in Tschechien war im August auf 4,9% gestiegen, den höchsten Stand seit 13 Jahren. Die tschechische Krone legte nach der Zinserhöhung deutlich zu. Die Kurse tschechischer Staatsanleihen gaben nach.
Polen
Bereits am Mittwoch hatte die polnische Zentralbank von sich reden gemacht. Auch sie toppte die Erwartungen auf eine Zinserhöhung, indem sie den Leitzins unerwartet deutlich um 75 Basispunkte auf 1,25% schraubte. Ein Anstieg der Verbraucherpreise um 6,8% im Oktober hat die Zentralbank zum Handeln veranlasst. Polens Notenbankchef wählte in Anlehnung an Ex-EZB-Chef Mario Draghis berühmten Ausspruch „Whatever it takes“ außergewöhnlich deutliche Worte, um die Entschlossenheit im Kampf gegen die Inflation hervorzuheben: „Wir werden alles tun, was nötig ist, um die Inflation mittelfristig auf unser Ziel zurückzubringen“, sagte Adam Glapinski. Die polnische Zentralbank peilt 2,5% Inflation mit einem Toleranzband von 1 Prozentpunkt nach oben und unten an.