Im Blickfeld Sportartikel

Adidas liegt vorn

Die Marke mit den drei Streifen kommt im Markt wieder gut an. Adidas hat den Umsatz zweistellig gesteigert. Nike und Puma laufen hinterher.

Adidas liegt vorn

Adidas liegt vorn

Die drei Streifen kommen im Markt wieder gut an: Adidas hat den Umsatz zweistellig gesteigert. Nike und Puma laufen hinterher.

Von Joachim Herr, München

Adidas hat einen Lauf – nicht nur in der Kategorie Running. Im vergangenen Jahr steigerte der Sportartikelkonzern nach vorläufigen Zahlen seinen Umsatz um 11% auf 23,7 Mrd. Euro. Währungsbereinigt sind es sogar 12% mehr. Die Marke mit den drei Streifen legte in allen Regionen und in allen Produktsegmenten zu.

Eine Bestätigung, dass Adidas mit dieser Dynamik derzeit die größten Konkurrenten Nike und Puma hinter sich lässt, gibt es von Intersport. „Adidas hat den Abstand vergrößert“, stellt Henriette Tesch fest, die im Vorstand des größten Sportfachhändlers in Deutschland für das operative Geschäft verantwortlich ist. In der Rangliste der bedeutendsten Lieferanten der Verbundgruppe mit mehr als 1.400 Läden hierzulande lag Adidas im vergangenen Geschäftsjahr, das am 30. September endete, weiterhin an erster Stelle. Nun ist der Vorsprung auf Nike gewachsen. Puma, On und Asics folgen auf den nächsten Plätzen.

Die kleineren Marken sind gut dabei. „On ist nicht mehr wegzudenken“, sagt Tesch. Auch Brooks sei sehr gefragt und kletterte in der Rangliste von Intersport zwei Stufen nach oben auf Platz 13. Das US-amerikanische Unternehmen Brooks, das Laufschuhe und -kleidung anbietet, gehört zu Warren Buffets Investmentgesellschaft Berkshire Hathaway. Auch On ist in: An der 2010 gegründeten und stark wachsenden Schweizer Firma ist der ehemalige Weltklasse-Tennisspieler Roger Federer beteiligt. Im Produktprogramm sind Lauf-, Tennis- und Wanderschuhe sowie Bekleidung.

Verärgerte Händler

Dass sich Adidas wieder zum Wachstumsunternehmen gewandelt hat, liegt an der Stärke der Marke. Bjørn Gulden, der Anfang 2023 von Puma zu Adidas an die Spitze des Vorstands gewechselt war, hat sie wiederbelebt. Er konzentriert seine Strategie auf den Kern des Geschäfts: die Produkte, die Konsumenten, den Einzelhandel und Spitzensportler als Markenbotschafter. Der Norweger hat die Sichtbarkeit der Marke erhöht. Er startete mit der Last von einigen Millionen Paar „Yeezy“-Schuhen als Hinterlassenschaft einer unrühmlich beendeten Zusammenarbeit mit Kanye West. Wegen seiner rassistischen und antisemitischen Parolen war der Rapper und Designer untragbar geworden.

Zudem begann Gulden mit der Bürde seines Vorgängers Kasper Rorsted, der die Fachhändler zulasten des Direktgeschäfts – online und in eigenen Läden – vernachlässigt bis verärgert hatte. Auch Nike war diesen Weg gegangen, der nur anfangs höhere Margen einbringt. Der aus dem Ruhestand geholte Elliott Hill, seit vier Monaten CEO von Nike, hat den Kurs geändert und geht auf Einzelhandelspartner zu.

Es fehlte an Ware

Dieser Strategiewechsel ist ganz im Sinn des Vorstands von Intersport: „Das geht in die richtige Richtung“, lobt Henriette Tesch. Als sich Nike stark auf das Direktgeschäft ausgerichtet hatte, fehlte es den Händlern des Verbunds an Ware des größten Sportartikelkonzerns der Welt. Tesch erinnert sich: „Das war eine angespannte Situation.“

Adidas-Chef Gulden ist es gelungen, das Vertrauen des HandeIs zurückzugewinnen. Von Intersport bekam er schon im vergangenen Jahr Anerkennung dafür, die Produkte in den Vordergrund zu stellen und den persönlichen Kontakt zu den Händlern zu suchen. Tesch bezeichnet das derzeitige Verhältnis zu allen großen Marken als gut. Es gebe wöchentlich einen Austausch.

Nike wechselt die Richtung

Adidas ist auf einen Wachstumskurs zurückgekehrt. 2023 war der Umsatz verglichen mit dem Vorjahr um gut 1 Mrd. Euro gesunken, im vergangenen Jahr stieg er um mehr als 2,2 Mrd. Euro. Mit 23,68 Mrd. Euro liegt der Erlös leicht über den 23,64 Mrd. Euro im Jahr 2019, dem bisher höchsten Wert.

Dagegen ist Nike in die andere Richtung unterwegs. Im vergangenen Geschäftsjahr, das am 31. Mai zu Ende ging, stagnierte der Umsatz nahezu bei 51,36 (i.V. 51,22) Mrd. Dollar. In den ersten sechs Monaten der laufenden Periode sank er um 9% auf 23,94 Mrd. Euro. Für das Quartal von Dezember bis Februar hat das Management einen Erlösrückgang um einen niedrigen zweistelligen Prozentwert und sinkende Margen angekündigt.

„Samba“ und „Gazelle“ sind Verkaufshits

Das biete Adidas die Chance, Nike noch mehr Marktanteile wegzuschnappen, meinen die Analysten von J.P. Morgan. Der kleinere Konkurrent könne so von der Schwäche des größeren profitieren. Die Branchenbeobachter der Bank attestieren Adidas, besonders im Lifestyle-Segment sehr stark zu sein. Nach wie vor sind die sogenannten Terrace-Retroschuhe „Samba“, „Gazelle“ und „Spezial“ ein Verkaufshit. Die DZ Bank erkennt gar einen „Markenhype“.

Das schlägt sich in den Aktienkursen nieder. Für Adidas zeigt der Trend seit Ende 2022 klar nach oben, für Nike und Puma seit Ende 2021 eindeutig nach unten. Die vorläufigen Jahreszahlen setzten Puma an der Börse stark unter Druck. Der Kurs ist so niedrig, wie seit acht Jahren nicht mehr. Das Unternehmen steigerte den Umsatz 2024 um 2,5% auf 8,8 Mrd. Euro, währungsbereinigt um 4,4%. Doch mit 622 Mill. Euro stagnierte das Ergebnis vor Zinsen und Steuern.

Hohe Fluktuation im Vorstand

Der Vorstandsvorsitzende Arne Freundt macht keinen Hehl daraus, mit der Profitabilität unzufrieden zu sein, und kündigte ein Programm für mehr Effizienz an. Die Investmentbank Stifel moniert, dass Puma die Marge im vierten Quartal trotz eines zweistelligen Umsatzanstiegs nur stabil gehalten hat. Das Fazit ihrer Analysten lautet: „Puma warnt, während Adidas glänzt.“

Doch auch beim größeren der beiden Ortsrivalen mit ihren Konzernzentralen in Herzogenaurach bei Nürnberg herrscht nicht eitel Sonnenschein. Am Sitz von Adidas stehen offenbar 500 der 5.800 Arbeitsplätze zur Disposition. Nach Darstellung des Unternehmens geht es nicht um ein Sparprogramm, sondern darum, die Organisationsstruktur anzupassen. Ziel ist, näher an den Handel und die Kunden zu rücken – zum Beispiel in den Verkaufsregionen. Zudem fällt die hohe Fluktuation in der Leitung auf. Seit Gulden das Sagen hat, verließen fünf Vorstände das Unternehmen. Mit Ausnahme von Finanzchef Harm Ohlmeyer ist keiner mehr von Anfang 2023 dabei. Nicht jeder kommt mit Guldens Führungsstil klar.

Rendite nähert sich dem Ziel

Auf dem Weg zur angestrebten Profitabilität hat Adidas noch ein gutes Stück vor sich. Die operative Marge erreichte im vergangenen Jahr 5,6%. Ziel sind 10%. Nimmt man die Entwicklung des Aktienkurses als Maßstab, honorieren die Investoren den Fortschritt: Für 2023 hatte Adidas den ersten Verlust seit drei Jahrzehnten ausgewiesen – auch wenn er mit 14 Mill. Euro klein ausfiel. Die operative Marge war auf 1,3% gefallen. 2024 gelang die Trendwende.

Die Umsatzrendite von Puma übertrifft zwar den Wert von Adidas, ging aber leicht auf 7,1% zurück. Analysten äußern Bedenken, das Management müsse sich nun auf das Effizienzprogramm konzentrieren, worunter das Wachstum der Marke leiden könnte. Nike liegt mit der Marge vor den beiden Wettbewerbern, doch sank sie in den ersten sechs Monaten bis Ende November um 2,2 Prozentpunkte auf 11,1%.

Fünf Trends für Wachstum

Dank der Markenstärke trotzt Adidas der getrübten Konsumstimmung. Auf mittlere und längere Sicht bieten sich jedoch der gesamten Sportartikelindustrie gute Wachstumschancen. Der Vorstand von Intersport hat dafür fünf Trends ausgemacht. Als ersten nennt Henriette Tesch die sogenannte Longevity: „Die Menschen wollen ihre Lebenserwartung verlängern und gesund altern.“ Zu einem solchen Lebensstil gehört ausreichende Bewegung. Outdoor steht für den zweiten Trend. Mit der Ausrüstung fürs Freie, zum Beispiel Wandern, erzielt Intersport etwa ein Viertel des Umsatzes. Drittens: Sportstyle ist längst im Alltag angekommen. „Sneaker haben als normaler Schuh im Business Einzug gefunden“, sagt Tesch. Adidas ist hier mit den Terrace-Modellen vorn dabei. Training im Fitnessstudio, im Freien oder zuhause sowie Laufen vervollständigen die Liste der Trends.

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