Notiert inBerlin

Ampel-Aus und die Commerzbank

Das Ende der Ampel-Koalition beeinflusst die Zukunft der Commerzbank. Unicredit könnte von geringerem politischen Widerstand bei einer Übernahme profitieren.

Ampel-Aus und die Commerzbank

Notiert in Berlin

Ampel-Aus und die Commerzbank

Von Angela Wefers

Das Aus der Ampel-Koalition hat auch Folgen für die Commerzbank. Der politische Widerstand gegen eine Übernahme der börsennotierten, zweitgrößten Bank Deutschlands durch die italienische Unicredit dürfte schwinden. Wenn die Bundesregierung bislang mit ihren verbliebenden 12% am Kapital der Bank ein kleiner weißer Ritter hätte sein können, so stehen die Zeichen dafür jetzt schlechter. Die Bundesregierung erklärte zwar, nicht in einen Übernahmekampf einzugreifen, aber Kanzler Olaf Scholz (SPD) kritisierte den Coup der Unicredit scharf. Für sein gemäßigtes Temperament hatte er Ende September geradezu einen Wutausbruch. Er sprach von „feindlichen Übernahmen“, konstatierte „unfreundliche“ und „aggressive“ Methoden „ohne jegliche Rücksprache“.

Es hatte auch den Bund überrascht, dass Unicredit nach dem Kauf von 4,9% aus Bundesbesitz für 700 Mill. Euro in einem Bookbuilding seine Position auf knapp 10% ausgebaut hatte. Mittlerweile kontrolliert Unicredit über Derivate 21%. Die Gewerkschaften schlugen Alarm – unschön für die SPD. Inzwischen Ex-Staatssekretär Florian Toncar (FDP) und das Bundesfinanzministerium, das bei der Transaktion über die Finanzagentur des Bundes eng eingebunden war, haben sich am Finanzmarkt blamiert. Nicht gut für die FDP. Danach blieb das Haus vage: Christian Lindner (FDP) sagte nur, eine Übernahme sei vorrangig Angelegenheit des Vorstands. Aktienrechtlich ist dies korrekt. Rückendeckung sieht aber anders aus. Lindner ist als Minister nun Geschichte. Kursierte in Berlin die Vermutung, der wirtschaftspolitische Berater des Kanzlers, Jörg Kukies (SPD), könnte Strippen für Unicredit gezogen haben, äußerte sich der inzwischen zum Bundesfinanzminister Aufgestiegene in diesen Tagen ähnlich kritisch wie der Kanzler: „Feindliche Übernahmen sind nicht das, was wir für stabile Banken brauchen.“

Merz und der Finanzmarkt

Seit dem 11. September läuft die 90-Tage-Frist, in der sich der Bund zu einer Verkaufsbeschränkung verpflichtet hat. Bis nach den Neuwahlen am 23. Februar eine Regierung steht, wird wenig geschehen. Denn die Regierung ist in Auflösung. Den Lenkungsausschuss der Staatssekretäre, der über den Verkauf entschieden hat, leitete bislang Toncar, der mit Lindner ausgeschieden ist. Sven Giegold (Grüne) verlässt den Posten im Wirtschaftsministerium in Richtung Partei. Im Justizressort sind die Staatssekretäre ebenfalls ausgeschieden.

Unwahrscheinlich ist, dass ein Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) seine schützende Hand über die Commerzbank halten würde. Grenzüberschreitende Fusionen im europäischen Bankensektor passen in sein Weltbild. Finanzmarkt und Bankenunion sind für Merz keine Fremdwörter. Erklärtermaßen will sich der Bund aus der Beteiligung aus der Zeit der Finanzkrise zurückziehen. Zudem: Privatisierungserlöse helfen zwar nicht, die Schuldenbremse einzuhalten. Sie gelten als neutraler Vermögenstausch. Aber in der Staatskasse klingeln sie doch.

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