Auf wackligem Boden
Auf wackligem Boden
Die Zeichen stehen auf Rezession. Für Zinsen und Gold bedeutet das Unterstützung. Aber Aktien stehen auf wackligem Boden.
Von Kai Johannsen
Dass die Volkswirtschaften dies- und jenseits des Atlantiks auf dem absteigenden Ast sind, ist mittlerweile offenkundig geworden. Die Stimmungsindikatoren zeigen an, dass die Sorgenfalten auf der Stirn vieler Marktakteure immer größer werden. Abzulesen ist dies hierzulande an dem sich immer weiter eintrübenden Ifo-Index. Aber auch harte Makro-Daten offenbaren, dass die Wirtschaft nicht gerade auf dem Weg zur Hochkonjunktur ist. Hinzu kommt, dass die Inflation in den großen Volkswirtschaften praktisch rund um den Globus als eingedämmt betrachtet werden kann. Ein klares Signal hierfür liefert das Verhalten der Zentralbanken in ihrer Geldpolitik: Die Zeichen stehen nun nicht mehr auf Zinserhöhungen, sondern auf Unterstützung der Wirtschaft durch Zinslockerungsschritte. Zuletzt gesehen ein großer Zinsschritt bei der Fed. Jüngst etwa auch eine Zinssenkung bei der schwedischen Zentralbank. Derartige Prozesse sind keine Eintagsfliegen, d.h., es ist nicht damit zu rechnen, dass in den nächsten Wochen die Rolle rückwärts erfolgen wird. Ziemlich klar ist auch die damit einhergehende Kommunikation an die Märkte: Es wird in den kommenden Wochen mit den Leitzinsen weiter abwärts gehen. Viele Marktakteure beschäftigt deshalb auch nicht mehr die Frage, ob es zu einer Rezession kommen wird, sondern wie scharf diese Rezession ausfällt. Doch was bedeutet das für die Märkte, also für Staatsanleiherenditen, für Unternehmensanleihen, für Aktien, für Gold?
Weg ist vorgezeichnet
Für die Staatsanleihemärkte, d.h. die Renditen, ist der Weg recht klar vorgezeichnet: Die Tendenz weist nach unten. Staaten werden sich künftig günstiger verschulden können. Das erleichtert auf der Finanzierungsseite die Unterstützung der Wirtschaft über etwaige neue Konjunkturprogramme. Hinzu kommt, dass die Renditen noch über einen weiteren Faktor beeinflusst werden: die Investorennachfrage. Sie werden auf dem sich abzeichnenden Weg in die Rezession sich die derzeit noch vergleichsweise hohen Renditen von Bundesanleihen & Co sichern wollen und greifen zu, und diese Käufe sorgen für weitere Renditerückgänge.
Am Aktienmarkt wirkt derzeit auch der Zinsfaktor. Die Aussicht auf sinkende Zinsen beflügelt die Aktienkurssteigerungen. Abzulesen ist dies etwa an den Dax-Rekorden. Gut möglich, dass der Zinsschub den deutschen Leitindex in den nächsten Wochen über die Marke von 20.000 Zählern hievt. Aber wenn die Wirtschaft tatsächlich in die Rezession rutscht, dann werden Unternehmen Umsatzerlöse wegbrechen, Gewinnwarnungen folgen, weil auf der Kostenseite gar nicht so schnell auf schwindende Umsatzerlöse reagiert werden kann. Das ist nicht gerade eine frohe Botschaft für Aktionäre. Der Lauf der Aktienmärkte kann also noch ein Stück weit weitergehen, aber wenn die ersten Gewinnwarnungen auftauchen, sollte der derzeit gute Run der Aktien zumindest einmal abgebremst werden.
Erschwertes Umfeld
Und auf der Unternehmensrefinanzierungsseite? Die sinkenden risikolosen Zinsen kommen den Unternehmen beim Funding entgegen. Das sorgt für Erleichterung. Aber in einer Rezession ist das Geschäftsumfeld nun mal erschwert, und das hat auch Einfluss auf die Einschätzung der Kreditwürdigkeit der Firmen. Das bedeutet: Die Risikoaufschläge dürften in der Tendenz steigen, so dass die sogenannte All-in Funding Cost, also die Summe aus risikolosem Zins und bonitätsabhängigem Zins, womöglich gleich bleibt. Bei einigen schwächeren Unternehmen könnte der Vorteil des gesunkenen risikolosen Zinses durch die höheren Risikoaufschläge sogar völlig ausgeglichen werden. Manch einer wird womöglich in dieser Hinsicht sogar das Nachsehen haben, weil die Spread-Ausweitung größer ausfällt als der Rückgang des risikolosen Zinses. Unternehmen kommen auf der Finanzierungsseite somit zusätzlich unter Druck.
Bei Gold ist einem derartigen Umfeld die Richtung recht gut vorgezeichnet. In wirtschaftlich unsicheren Zeiten verlangen Anleger Sicherheit. Und diese finden sie bei Gold. Gold dürfte somit eine stabile Nachfragesituation aus Sicherheitsgründen beschert sein. Auf weitere Goldrekorde sollte man sich an den Märkten also einstellen. Sicherheit ist gefragt. Risikoassets stehen auf wackligem Boden.