KommentarHandelskonflikt

BIP-Stärke macht Peking biegsamer

Chinas BIP-Wachstum entschärft die Optik einer drohenden Wirtschaftskrise. Das erleichtert diplomatische Avancen im Konflikt mit den USA.

BIP-Stärke macht Peking biegsamer

Handelskonflikt

BIP-Stärke macht Peking biegsamer

Von Norbert Hellmann

Chinas Wachstum entschärft die Optik einer drohenden Wirtschaftskrise. Das erleichtert diplomatische Avancen im Konflikt mit den USA.

Eine Stärke-Demonstration kann China in Zeiten des abenteuerlichen Zollstreits mit den USA derzeit gut gebrauchen. Sie kommt in Form eines Anstiegs des Bruttoinlandsprodukts (BIP) im ersten Quartal von ansehnlichen 5,4%. Das liegt klar über den Erwartungen der Analysten und erweist sich als stramme Vorgabe, die das Erreichen des offiziellen Wachstumsziels für 2025 einen Hauch realistischer macht.

Luftnummer

Konsum und Industrieproduktion sind im März unerwartet flott vorangekommen. Das kann man als Luftnummer ansehen, weil Vorzieheffekte eine gewaltige Rolle spielen. Chinas Exportindustrie hat in Vorwegnahme drohender Zölle massiv aufgedreht. Im Einzelhandel haben Verbrauchersubventionen für Haushaltsgeräte, E-Autos und Elektronikwaren für vorgezogenen Konsum gesorgt. Bleibt es bei drakonischen Strafzöllen, ist der Wachstumspuffer schnell aufgebraucht. Die derzeit kursierenden Prognosen nehmen im Extremszenario einen gewaltigen Rückmarsch von Chinas Wirtschaftswachstum im Jahr 2025 auf nur noch 3,5% vorweg.

Weniger Druck im Kessel

Dass Chinas Wirtschaft zunächst einen guten Start ins Jahr erwischt hat, bringt abseits der Rechenspiele zu kommenden Wachstumseinbußen jedoch Vorteile, die zur Entschärfung der politisch-diplomatischen Dimension des Handelskonflikts beitragen können. Aus Pekinger Sicht wird einiger Druck aus dem Kessel genommen, zum Beispiel beim Aufbieten von monetären Lockerungsmaßnahmen, die den Yuan weiter unter Druck setzen würden. Zinssenkungsmaßnahmen stehen zwar weiter im Raum, doch reduziert sich die Wahrscheinlichkeit einer verschärften Yuan-Abwertung, die Washington zusätzlich in Rage bringen würde.

Die Optik zählt

Peking kann bei der Konfrontation mit Washington nun etwas befreiter taktieren und sich im Zweifelsfall auch biegsamer zeigen. Es ist bereits die Kunde von ersten Avancen, die die Aufnahme eines dringend benötigten bilateralen Handelsdialogs erleichtern. Nach allen bisherigen Erfahrungen gerade auch aus dem Streit in Trumps erster Amtsperiode ist Chinas Staatsführung nun vielleicht eher zu einem Entgegenkommen bereit. Es geht hier um Optik. Die Vorstellung einer von den USA heraufbeschworenen chinesischen Wirtschaftskrise, auf die knallhart geantwortet werden muss, tritt etwas in den Hintergrund. Paradoxerweise wachsen damit Chancen für erste Annäherungsschritte, die eine tatsächliche Krise noch abwenden können.

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