Im Blickfeld:Britische Banken

Gegenwind aus Westminster droht

Das dritte Quartal dürfte für die britischen Banken gut gelaufen sein. Doch nun droht Gegenwind in Form von Steuererhöhungen aus Westminster.

Gegenwind aus Westminster droht

Im Blickfeld

Britischen Banken droht Gegenwind
aus Westminster

Das dritte Quartal dürfte gut gelaufen sein. Doch nun stehen Steuererhöhungen ins Haus.

Von Andreas Hippin, London

Die britischen Großbanken haben auch im dritten Quartal von einem positiven wirtschaftlichen Umfeld profitiert. Das Bruttoinlandsprodukt ist das dritte Quartal in Folge gewachsen. Die Bank of England hat am 1. August erstmals seit Ende der Pandemie den Leitzins gesenkt. Zudem verschaffen ihnen Erträge aus Absicherungsgeschäften (Structural Hedge) Rückenwind.

Die Vergabe von Hypotheken von Wohnimmobilien erhole sich, heißt es in der jüngsten Ausgabe des „KBW UK Bank Monthly Monitor“ von Keefe, Bruyette & Woods (KBW). Bei den unbesicherten Verbraucherkrediten lag das Wachstum zuletzt bei 8%. Selbst bei der Kreditvergabe an Firmenkunden wurde ein kleines Plus verzeichnet, getragen vom Interesse von Großunternehmen. Mittelständler liehen sich dagegen den 41. Monat in Folge weniger Geld. 

Quartalssaison beginnt

Das wird sich in den Quartalsergebnissen niederschlagen. Die ganz auf den Heimatmarkt fokussierte Lloyds Banking Group eröffnet am Mittwoch (23.10.) den Zahlenreigen, gefolgt von Barclays am Donnerstag (24.10.) und Natwest (25.10.). In der kommenden Woche gewähren HSBC (29.10.) und Standard Chartered (30.10.) Einblick in ihre Bilanzen.

Spannender als die Zahlen dürfte jedoch der Ausblick auf das künftige Geschäft werden, etwa inwieweit sinkende Zinsen an die Kunden weitergegeben werden. Das Einlagen-Beta, das zeigt, wie stark Einlagensätze auf eine Leitzinsänderung reagieren, lag zuletzt bei 47,8%. Demnach würde sich eine Leitzinssenkung um 100 Basispunkte im Schnitt in Form von um 47,8 Basispunkte niedrigeren Einlagenzinsen niederschlagen.

Leitzinssenkungen erwartet

Bankvolkswirte rechnen damit, dass die Geldpolitiker der Bank of England die Bank Rate auf ihren Sitzungen am 7. November und 19. Dezember um jeweils weitere 25 Basispunkte auf dann 4,75% bzw. 4,50% senken werden. Barclays rechnet damit, dass der Leitzins bis Ende 2026 auf 3,75% zurückkommt. Lloyds Banking Group hat 3,50% angesetzt, Natwest 3,00%.

„Das größte Risiko bleibt, dass die Zinsen weiter sinken als erwartet“, schrieb der Bankenanalyst Edward Firth von KBW in der erwähnten Studie. „Wenn man Zinserhöhungen auf dem Weg nach oben nicht weitergibt, ist der Spielraum auf dem Weg nach unten begrenzt.“ Lloyds Banking Group zahle derzeit 1,3% auf ihr wichtigstes Tagesgeldprodukt. Das lege nahe, dass der Leitzins bis auf 2,5% zurückgehen könne, bevor die Abwärtssensitivität schnell zunehme.

Gegenwind aus dem Schatzamt

Zudem droht der Branche Gegenwind von der seit am 4. Juli gewählten Labour-Regierung. Am 30. Oktober wird Schatzkanzlerin Rachel Reeves ihren Haushaltsentwurf vorlegen. Er könnte Steuererhöhungen bringen.

Dabei wird die Branche bereits stärker besteuert als andere. Die Körperschaftssteuer wurde bereits von der konservativen Vorgängerregierung von 19% auf 25% erhöht. Hinzu kommt eine vom konservativen Schatzkanzler George Osborne eingeführte Bankgewinnsteuer, die Rishi Sunak von 8% auf 3% senkte. Zudem wird eine Bankenabgabe fällig, die auf die Bilanzsumme nach Abzug von Eigenkapital und langfristigem Fremdkapital erhoben wird.

Mindestreserven im Blick

Der UBS-Bankenanalyst Jason Napier macht noch auf einen weiteren Punkt aufmerksam: Weil Finanzprodukte nicht der Mehrwertsteuer unterliegen, können sich Banken die von ihnen, etwa bei ihren Investitionen in IT oder Infrastruktur, geleistete Vorsteuer nicht zurückholen. Sie macht einer Studie der Bankenlobby UK Finance zufolge mehr als ein Fünftel (22,8%) der insgesamt von der Branche getragenen Steuerlast aus.

Denkbar wäre auch, dass Reeves etwas an den Zinsen auf die Mindestreserven ändert, die Banken bei der Bank of England hinterlegen müssen. Solchen Forderungen hatte die ehemalige Mitarbeiterin der Notenbank im Sommer zwar eine Absage erteilt. Doch seitdem haben sich neue Finanzierungslücken aufgetan. Die EZB hatte die risikolosen Extragewinne der Banken bereits im Sommer vergangenen Jahres gekappt.

Sinkende Restwerte

Von der Lloyds Banking Group erwarten Analysten im Schnitt ein bereinigtes Vorsteuerergebnis von 1,67 Mrd. Pfund. Wenn das Institut sein Planziel für die Kosten im laufenden Jahr einhalten will, dürfen sie im zweiten Halbjahr nicht steigen. Das Management hatte eine steigende Nettozinsmarge in Aussicht gestellt.

Zu den belastenden Faktoren gehören sinkende Restwerte für Batterieautos. Lloyds ist mit Lex Autolease und Tusker im Kfz-Leasinggeschäft aktiv. Lex Autolease ging 2009 aus der Fusion von Lex Vehicle Leasing mit Lloyds TSB Autolease hervor. Die auf Niedrigemissionsfahrzeuge spezialisierte Tusker hatte die Bank im vergangenen Jahr für 300 Mill. Pfund von der Private-Equity-Gesellschaft ECI Partners erworben.

Veränderungen im US-Portfolio

Von Barclays erwartet man am Markt ein bereinigtes Vorsteuerergebnis von 2,0 Mrd. Pfund. Zudem wartet man auf Aussagen zu Veränderungen im US-Portfolio. Barclays wird das General-Motors-Kreditkartengeschäft von Goldman Sachs übernehmen. Die US-Investmentbank hatte angeblich seit November vergangenen Jahres einen Abnehmer dafür gesucht. Unterdessen versucht Citigroup, Barclays als Kreditkarten-Partner von American Airlines zu verdrängen.

Zum Investment Banking hatte sich Barclays bereits Anfang des Monats geäußert. Das Institut ist die einzige europäische Bank, die in diesem Geschäft noch mit den großen US-Rivalen mithalten kann. Barclays will die Abhängigkeit vom DCM-Geschäft (Debt Capital Markets) reduzieren. Es liefert 54% der Einnahmen des Investment Banking. Ziel ist ein größerer Marktanteil in den Segmenten ECM (Equity Capital Markets). Doch sowohl das Aktiengeschäft als auch M&A-Beratung sind hart umkämpft, insbesondere in den Vereinigten Staaten.

Kleinanleger außen vor

Natwest traut man ein bereinigtes Vorsteuerergebnis von 1,53 Mrd. Pfund zu. Die Pläne von Reeves‘ Vorgänger Jeremy Hunt, die verbliebene Staatsbeteiligung durch eine Platzierung an Kleinanleger und andere Investoren abzuschmelzen, haben sich mit dem Regierungswechsel in Luft aufgelöst. Zuletzt hielt die öffentliche Hand noch 16% an dem einst als Royal Bank of Scotland bekannten Institut.

„Wertberichtigungen werden ein zentrales Thema sein“, sagte der Analyst Matt Britzman von Hargreaves Lansdown. Dass die Arbeitslosenquote zuletzt auf 4,0% zurückging, sei eine angenehme Überraschung gewesen. Analysten wären vor diesem Hintergrund „nicht schockiert, mehr Aussagen zu hören, die auf robuste Ausfallquoten hindeuten“.

Fragen nach dem Chefwechsel

Bei der HSBC wird es wohl vor allem darum gehen, ob der neue CEO Georges Elhedery tatsächlich die Sparten Global Banking & Markets und Investment Banking zusammenlegen will, wie in Medienberichten kolportiert. Die Frage ist, ob Elhedery, wie einst sein Standard-Chartered-Kollege William Winters bei seinem Amtsantritt, erst einmal Stellen in den oberen Etagen streichen würde.

Ein weiteres Thema dürfte die schwache Wirtschaftsentwicklung im Reich der Mitte sein, hatte HSBC doch stark auf das Wirtschaftswunderland im Fernen Osten gesetzt. Im vierten Quartal schrieb das Institut 3 Mrd. Dollar auf ihre Beteiligung an der Bank of Communications ab. Hier könnte sich weiterer Wertberichtigungsbedarf ergeben haben.

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