Britische Banken werden unterschätzt
Britische Banken werden unterschätzt
Die wirtschaftlichen Aussichten mögen nicht so gut sein. Doch hoch verzinste Reserven und Absicherungsgeschäfte liefern einen guten Puffer.
Von Andreas Hippin, London
Banken gelten gemeinhin als Barometer der Wirtschaft, insbesondere wenn sie sich auf den Heimatmarkt fokussieren. Doch gibt es gleich mehrere gute Gründe, weshalb die bevorstehende Quartalsberichterstattung der britischen Institute wenig Aufschluss darüber geben wird, ob sich das Vereinigte Königreich bereits im Abschwung befindet.
Derzeit zahlen britische Banken ihren Kunden für Sichteinlagen um die 1,5%. Zugleich erhalten sie von der Bank of England 4,5% für ihre bei der Notenbank hinterlegten Reserven. Bislang gibt es keine Obergrenze dafür, wie viel sie dort einzahlen. Für die Institute ist das ein außerordentlich rentables Geschäft, das nur geringfügige Kosten verursacht.
![](https://c02.purpledshub.com/uploads/sites/35/2025/02/bf_uk_kreditvergabe_hip2sp-01.jpg?webp=1&w=1200)
Hochrentables Einlagengeschäft
Zudem unterliegt es keinen Kapitalanforderungen. Dass sich die Geldpolitiker der Bank of England beim Senken der Bank Rate Zeit lassen, kommt den Banken zusätzlich entgegen. „Wie durch Kreditvergabe in der breiten Wirtschaft ähnliche Renditen erzielt werden könnten, ist schwer ersichtlich“, schrieb der Bankenanalyst Edwarth Firth von Keefe, Bruyette & Woods in einer aktuellen Studie. Eine Obergrenze sei empfehlenswert, um die Kreditvergabe zu fördern.
Neben dem Einlagengeschäft dürften Einnahmen aus Absicherungsgeschäften (Structural Hedge) die Zinsergebnisse der Banken aufbessern. Gleich drei Retailbanken wurden von Rivalen geschluckt: Virgin Money von Nationwide, Tesco Bank von Barclays und Sainsbury’s Bank von Natwest. Das wird dem Wettbewerb nicht förderlich sein.
Warten auf Barclays-Aktienrückkauf
Barclays wird den Zahlenreigen am 13. Februar (Donnerstag) eröffnen, gefolgt von Natwest am 14. Februar (Freitag). „Anleger werden bei Barclays auf einen möglichen Aktienrückkauf für 1 Mrd. Pfund warten, für den sich die Bank auf ihre starke Kapitalausstattung stützen könnte, aber dafür gibt es keine Garantie“, sagte der Analyst Matt Britzman von Hargreaves Lansdown.
Der Erzrivale der Deutschen Bank ist stärker in den Vereinigten Staaten engagiert als andere britische Institute. Der ehemalige CEO Jes Staley stellte Barclays als Transatlantikbank neu auf. Nachdem die großen US-Investmentbanken starke Zahlen für das Schlussquartal vorgelegt haben, wird es darum gehen, ob Barclays damit Schritt halten konnte. Zudem ist die Frage, ob sich das Institut mit seinen ehrgeizigen Wachstumsplänen im Plan befindet.
Investmentbank im Fokus
Barclays macht rund drei Fünftel ihres Investment-Banking-Geschäfts in den USA. Der UBS zufolge verzeichneten die dortigen Rivalen im kapitalintensiven FICC-Geschäft, dem Handel mit Anleihen, Währungen und Rohstoffen, im Schnitt ein Wachstum von 27%. Im Geschäft mit Aktien (Equity Capital Markets, ECM) sei es für sie um 31% vorangegangen, bei klassischen Investment-Banking-Dienstleistungen wie der Beratung bei Übernahmen und Fusionen sogar um 35%.
Seit 2020 sind die Einnahmen der hauseigenen Investmentbank von Barclays gemessen an den durchschnittlichen risikogewichteten Assets (RWA) von 6,8% auf 5,5% zurückgegangen. Er erwarte, dass die Einnahmen bis einschließlich 2026 im hohen einstelligen Bereich wachsen werden, sagte CEO C.S. Venkatakrishnan auf einer Analysten- und Investorenkonferenz Anfang Oktober.
„Ungerechtfertigte Skepsis“
Die Kosten sollen ihm zufolge unterdessen nur moderat steigen. Die Cost-Income-Ratio soll von 70% auf einen Wert im oberen Bereich zwischen 50% und 60% gedrückt werden, sagte Venkatakrishnan. Die Eigenkapitalrendite werde 2026 auf Höhe der gesamten Gruppe liegen, also bei mindestens 12%. Am Markt will das bislang niemand so richtig glauben, was sich in der Bewertung widerspiegelt. Eine Studie der Deutschen Bank nannte das „ungerechtfertigte Skepsis“.
Auch das US-Kreditkartengeschäft wird bei Barclays im Fokus stehen. Im Oktober vergangenen Jahres ging die Bank eine lukrative Partnerschaft mit General Motors ein. American Airlines entschied sich dagegen für die Citigroup. Was zählt, sind Aussagen zur Kreditqualität sowie zu den Auswirkungen regulatorischer Veränderungen auf das US-Geschäft.
Details zum HSBC-Konzernumbau
Zu den spannendsten Fragen dieser Quartalssaison gehört, wie der Konzernumbau der HSBC weitergeht. Mit den Geschäftszahlen, die am 19. Februar (Mittwoch) vorgelegt werden sollen, will CEO Georges Elhedery seine im Oktober angekündigten Pläne en détail vorstellen. Am 20. Februar (Donnerstag) gewährt die Lloyds Banking Group Einblick in ihre Bücher.
Bislang weiß man nur von der Einteilung der HSBC-Welt in „östliche“ und „westliche“ Märkte. Das Investment Banking wurde ins Firmenkundengeschäft integriert, das Führungsgremium der Gruppe um ein Drittel eingedampft. Seitdem wurden nur noch kleinere Schritte getan. Die Bank kündigte an, sich aus dem Geschäft mit M&A-Beratung und Börsengängen in Europa und Amerika zurückzuziehen. Der Payment-App Zing zog das Institut ebenfalls den Stecker.
Investment Banking belastet
„Nach vielen Jahren der Restrukturierung muss HSBC nicht viel tun, um die Eigenkapitalrendite (RoTE) auf einem gesunden Niveau im mittleren Bereich zwischen 10% und 20% zu halten“, schrieb der Deutsche-Bank-Analyst Robert Noble. Er rechnet mit einer „ziemlich begrenzten“ Restrukturierung, für die in den kommenden 12 bis 18 Monaten Kosten von weniger als 3 Mrd. Dollar anfallen.
Die größte Belastung für den Gewinn ist aus Nobles Sicht die Investment-Banking-Sparte GBM (Global Banking & Markets), vor allem in Europa und Nordamerika. Ohne dieses Geschäft wäre die Eigenkapitalrendite theoretisch um 100 Basispunkte höher. Elhedery fungierte einst als Co-Chef von GBM.
Finanzielle Ziele gefragt
Zu den Fragen, die Elhedery beantworten muss, gehört die nach den finanziellen Zielen der Gruppe. Am Markt erhofft man sich Angaben zum angestrebten Nettozinsergebnis, zu den künftigen Kosten und zu den geplanten Ausschüttungen an die Aktionäre.
Zudem würde man gerne wissen, ob sich das Institut von weiteren Geschäften trennen will. Heiß diskutiert wird ein möglicher Ausstieg aus dem mexikanischen Retailgeschäft. HSBC war dort 2002 durch die Übernahme der Grupo Financiero Bital eingestiegen. Angeblich steht auch ein Verkauf des australischen Retail Bankings zur Debatte. NAB und Bendigo Bank werden als mögliche Abnehmer gehandelt.
Hohe US-Zinsen stützen
Sowohl HSBC als auch Standard Chartered, die am 21. Februar (Freitag) ihre Geschäftszahlen vorlegt, machen den Großteil ihres Geschäfts in Schwellenländern. Beide profitieren davon, dass die Zinsen in den Vereinigten Staaten länger höher bleiben dürften als bislang erwartet.
Aus Sicht der UBS könnte sich das negativ auf das Wachstum ihrer Kreditbücher in Hongkong auswirken. Bei der HSBC stehe die ehemalige Kronkolonie für ein Drittel der ausgereichten Kredite, bei Standard Chartered für ein Viertel.
Auch bei Standard Chartered werden Anleger darauf achten, wie sich die Investment-Banking-Sparte im Vergleich zu den großen US-Wettbewerbern geschlagen hat.