Fertigungsstandort

Deutschland wird Zentrum für Europas Batterie­produktion

Das rasante Wachstum der auch regulierungsgetriebenen Nachfrage für elektrifizierte Fahrzeuge braucht einen ebenso schnellen Ausbau der Batteriefertigung. Hier zeichnet sich Deutschland als mit Abstand wichtigster Fertigungsstandort in Europa ab.

Deutschland wird Zentrum für Europas Batterie­produktion

Von Sebastian Schmid, Frankfurt

Der Absatz elektrifizierter Pkw (batterieelektrisch und Plug-in-Hybrid) ist 2021 trotz Chipkrise europaweit rasant gestiegen. In Deutschland erreichte ihr Marktanteil im Dezember bereits knapp 36% der Neuzulassungen, im Gesamtjahr immerhin mehr als 26%. Doch nicht nur hierzulande, wo der Kauf in der Spitze mit knapp 10000 Euro je Fahrzeug gefördert wird, wächst die Nachfrage. In Norwegen lag der Anteil der batterieelektrischen Autos im Gesamtjahr bereits bei fast zwei Dritteln. Auch in zahlreichen anderen Märkten setzen sich die Stromer durch. In der Schweiz war mit Teslas Model 3 im vergangenen Jahr erstmals ein E-Auto die Nummer 1 in der Neuzulassungsstatistik, während der VW Golf aus den Top 10 fiel.

Branchenbeobachter gehen davon aus, dass bis zum Ende des Jahrzehnts reine Elektrofahrzeuge in den meisten Märkten einen Anteil von mehr als 50% haben werden. Neben einer verbesserten Ladeinfrastruktur braucht es dafür vor allem wesentlich höhere Produktionskapazitäten für Batterien. 2020 betrug die Produktionskapazität in Europa nur 60 Gigawattstunden (GWh). Gebraucht werden bis zum Ende des Jahrzehnts wohl mindestens 900 GWh, schätzen Experten. Und dies nicht nur für die reinen Stromer. Auch für Plug-in-Hybride werden größere Batteriekapazitäten benötigt, um auf höhere, praxisgerechte elektrische Reichweiten zu kommen.

Anders als mit Blick auf die Ladeinfrastruktur, die den Ausbauzielen noch meilenweit hinterherzuhinken scheint, sind Batterieprojekte zuletzt wie Pilze aus dem Boden geschossen. Schon allein die Großprojekte mit mehr als 10 GWh kommen in der höchsten Ausbaustufe in Europa zusammengenommen auf rund 1000 GWh (siehe Grafik). Dabei sind zahlreiche kleinere und mittelgroße Batterieproduktionen mit Kapazitäten im einstelligen Gigawattstunden-Bereich noch gar nicht mitgerechnet.

Die größten Pläne hat wie üblich Tesla. Die Gigafactory in Grünheide soll bereits in diesem Jahr an den Start gehen und dann sukzessive bis auf 100 GWh im Jahr hochgefahren werden. Doch selbst bei diesem Wert muss noch nicht Schluss sein. An­geblich soll der Musk-Konzern das Werk auf bis zu 250 GWh im Jahr skalieren können. Auch das zweitgrößte Projekt zur Batterieproduktion in Europa ist in Deutschland angesiedelt. Der chinesische Autoakku-Spezialist CATL errichtet nahe Erfurt eine eigene Gigafactory mit maximal 100 GWh Kapazität, die ebenfalls in diesem Jahr an den Start gehen soll.

Zum Start werden indes noch kleinere Auslieferungsmengen avisiert, denn so schnell der Absatz batterieelektrisch angetriebener Fahrzeuge auch wächst – noch ist dieser viel zu niedrig, um die Produktionsmengen, die mittelfristig in Europa und hierzulande angedacht sind, aufzunehmen. So plant Tesla zu Beginn nur mit 20 GWh. Der Automobilkonzern Volkswagen peilt für sein Werk in Salzgitter zwar mittelfristig 40 GWh an, will 2024 aber wohl erst einmal mit 24 GWh loslegen. Mit dieser Menge plant auch die Opel-Mutter Stellantis für den Anfang. Das Batteriewerk in Kaiserslautern soll Mitte des Jahrzehnts an den Start gehen. Auch CATL und die ebenfalls chinesische Svolt, die 2018 von Great Wall Motor abgespalten worden war, peilen in Erfurt bzw. im saarländischen Überherrn zunächst ebenfalls nur eine Produktionsmenge von 24 GWh an. Halb so groß werden soll das Werk des chinesisch-amerikanischen Un­ternehmens Microvast, das in Ludwigsfelde nahe Berlin die Produktion allerdings bereits vor fast einem Jahr aufgenommen hat.

Zählt man alle Großprojekte zusammen, ist die Hälfte der avisierten europäischen Batterieproduktionskapazität hierzulande angesiedelt. Ein weiterer Schwerpunkt der Batterieproduktion dürfte Skandinavien werden mit jungen Unternehmen wie Northvolt (Schweden) sowie Morrow Batteries und Freyr (beide Norwegen). Die koreanischen Hersteller Samsung, SK Innovation und LG Chem setzen derweil auf Standorte in Osteuropa. Hinzu kommen einzelne Großprojekte in Frankreich, Italien und England.

Die Herausforderung, ausreichend Produktionskapazität für Elektroautos in Europa zu haben, dürfte spätestens Mitte des Jahrzehnts bewältigt sein. Allerdings heißt das nicht, dass dann auch ausreichend Batterien hergestellt werden können. Denn wie die Automobilhersteller nun schon seit mehreren Quartalen leidvoll erfahren, kann ein Mangel an Halbleitern und/oder Rohstoffen schnell dafür sorgen, dass weit unterhalb der Kapazitätsgrenzen gefertigt werden muss.

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