Die Dollar-Dominanz brechen
Der Dollar ist unsere Währung, aber Euer Problem.“ Dieser, Ex-US-Finanzminister John Connally zugerechnete Spruch hatte wohl lange keine solche Richtigkeit mehr wie in diesen Tagen und Wochen. Die aktuelle Dollar-Stärke ist sogar ein Riesenproblem für große Teile der Welt. Aber die Gründe für diese Stärke sind primär fundamental. Einseitige Interventionen wie unlängst durch Japan sind da wenig zielführend. Global koordinierte Interventionen, worauf nun einige Beobachter spekulieren, sind ebenfalls wenig erfolgversprechend, aktuell kaum realistisch – und potenziell sogar gefährlich. Viel wichtiger wäre es, endlich die erdrückende Dominanz des Dollar zu brechen und ein Währungssystem mehrerer gleichberechtigter Valuten zu schaffen. Sonst wird der Dollar immer wieder zum Problem.
Aktuell ist der Dollar so stark wie seit 20 Jahren nicht. In der Vergangenheit hat das andere Länder eher erfreut, weil eine schwächere Landeswährung über bessere Exportchancen mehr Wirtschaftswachstum versprach. Nicht zuletzt mit der Globalisierung von Produktionsprozessen hat dieser Effekt aber an Relevanz eingebüßt. Jetzt verschärft der starke Dollar das ohnehin immense Inflationsproblem in vielen Teilen der Welt, weil er für viele Länder Energie und Importe verteuert. Die Schwellen- und Entwicklungsländer plagt zudem der dadurch ausgelöste Kapitalabfluss. Deshalb ist es gut und richtig, wenn das Thema nun bei der Jahrestagung des IWF und den parallelen G20- und G7-Treffen in Washington auf der Agenda steht. Fakt ist aber auch: So schnell wird sich nichts ändern.
Denn die Stärke des Greenback ist vor allem fundamental zu erklären. Zum einen steht die US-Wirtschaft trotz aller Schwächen und Risiken besser da als viele andere Volkswirtschaften – nicht zuletzt als jene in Euroland. Zum anderen erhöht die US-Notenbank Fed ihren Leitzins in einem Tempo wie seit den 1980er Jahren nicht mehr, um die Inflation unter Kontrolle zu bringen. Beides macht Investments in den USA attraktiver. Hinzu kommt der Status als „sicherer Hafen“ in Zeiten großer Unsicherheit. Daran haben auch alle Dollar-Scharmützel der Trump-Administration und wirtschaftspolitischen Fehler der jüngeren Zeit – Stichwort: Fiskalstimuli – kaum etwas geändert. Der Dollar wird also auf absehbare Zeit stark bleiben.
Deshalb ist es wenig erfolgversprechend und eher Verzweiflung, wenn ein Land wie Japan – erstmals seit 24 Jahren – interveniert, um den Yen zu stützen. Solange insbesondere die Fed an ihrem Kurs festhält, wird keine einseitige Intervention den Dollar-Trend umkehren können. Auch die Historie lehrt, dass unilaterale Eingriffe selten von Erfolg gekrönt sind. Deshalb sollte sich auch die Europäische Zentralbank (EZB) kein Beispiel an Japan nehmen. Im schlimmsten Fall geht es sogar ganz nach hinten los, weil die Glaubwürdigkeit der Notenbank Schaden nimmt.
Einige Beobachter spekulieren nun oder fordern sogar, dass wie in den 1980er Jahren die führenden Wirtschaftsmächte gemeinsam intervenieren. Aber selbst das wäre kaum erfolgversprechend – auch wegen der schieren Größe des Devisenhandels heute. Laut BIZ lag der durchschnittliche Tagesumsatz schon 2019 bei 6,6 Bill. Dollar – sehr viel höher als in den 1980er Jahren. Gegen ein koordiniertes Vorgehen spricht auch, dass die USA derzeit null Interesse an einer Schwächung des Dollar haben dürften, solange die Inflation zu hoch ist. Im Übrigen sollten auch andere Länder – trotz aller Probleme wegen der Dollar-Stärke – daran interessiert sein, dass die USA ihr Inflationsproblem in den Griff bekommen, weil sonst auch global weitere, womöglich schlimmere Verwerfungen drohen. Im Übrigen: Freie Wechselkurse sind ein Schmiermittel und oft Schockabsorber im globalen Wirtschafts- und Finanzgefüge – und sie setzen auch Signale gegen politische Fehlsteuerungen. Beides sollte man keinesfalls leichtfertig aufs Spiel setzen.
Nötig ist es aber, die Diskussion über die globale Dominanz des Dollar zu forcieren. Für viele Ökonomen ist die Leitrolle des Dollar eine Ursache für die vielen Finanzkrisen seit den 1970er Jahren. Ein System mit mehreren gleichberechtigten Valuten könnte da helfen und auch dem Wettbewerb um solide Finanzen und gute Wirtschaftsbedingungen guttun. Der Blick richtet sich da nicht nur auf den Yuan, sondern auch auf den Euro. Für die Euro-Politik geht es darum, den Euroraum zu einem politischen und wirtschaftlichen Kraftzentrum fortzuentwickeln – etwa durch eine EU-Kapitalmarktunion. Ein solcher Umbruch des Weltwährungssystems ist fraglos schwierig und wird dauern. Aber die Zeit ist mehr als reif, damit zu beginnen.