LeitartikelAmerikas Großbanken

Die verfrühte Freude der US-Dealmaker

Ein Aufschwung im Investmentbanking belebt Amerikas Großbanken. Doch die hartnäckige Inflation und steilere Zinssturkturkurve bergen unterschätzte Risiken für die Dealmaker der Wall Street.

Die verfrühte Freude der US-Dealmaker

US-Banken

Die verfrühte Freude der Dealmaker

Von Alex Wehnert

Die steilere Zinskurve stützt die Margen von Amerikas Großbanken, sie bringt aber auch nicht zu unterschätzende Risiken mit sich.

Für Amerikas Großbanken strahlt die Welt derzeit in rosigen Farben – Bedrohungen für ihre einträglichsten Geschäftszweige drohen gegen den Glanz des jüngsten Aufschwungs zu verblassen. Die Geldhäuser haben im Schlussquartal 2024 von einer stärkeren Performance ihrer Dealmaker und Trader profitiert: J.P. Morgan steigerte das Nettoergebnis zum Vorjahr um 50% und damit stärker als erwartet. Wells Fargo hielt nahezu Schritt, während Citigroup nach einem Vorjahresverlust einen Milliardengewinn einfuhr und Bank of America sowie die stärker spezialisierten Morgan Stanley und Goldman Sachs ihren Überschuss mehr als verdoppelten. Die Ausblicke auf das laufende Jahr fallen nach dieser starken Vorstellung äußerst positiv aus, doch die Treiber des neuen Booms dürften kurzlebiger sein, als die Institute wahrhaben wollen.

Gelockerte Kartellregulierung als Stütze

Natürlich hat die Aussicht auf eine marktfreundlichere Regulierung unter dem gerade ins Amt zurückgekehrten US-Präsidenten Donald Trump das Kapitalmarktumfeld deutlich aufgehellt. Nicht nur für die Finanzbranche selbst dürften unter der neuen Regierung in Washington weitaus weniger restriktive Regeln gelten, die Institute werden nach allem Dafürhalten auch von einer lockereren Auslegung des Kartellrechts profitieren, als sie unter der Administration von Joe Biden üblich war.

Hat unter Dealmakern viele Fans: Der neue US-Präsident Donald Trump. Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Evan Vucci.

Eine Freigabe für Milliardendeals der US-Ölriesen hat in den letzten Tagen der alten Regierung schon deutliche Signale in diese Richtung gesendet. So hat die Wettbewerbsaufsicht FTC die Übernahmen von Pioneer Natural Resources durch ExxonMobil und von Hess durch Chevron unter Auflagen durchgewunken. Zugleich geben Tech-Gründer und -CEOs alles, um sich mit dem Trump-Lager gutzustellen, und hoffen auf gelockerte Kontrollen der Behörden bei Transaktionen auf Zukunftsfeldern wie künstlicher Intelligenz. All dies spricht tatsächlich für rosige Aussichten in der M&A-Beratung und im Kredit-Underwriting.

Neue Zinssenkungen im Zweifel

Doch der entscheidende Faktor für die Erholung im Kapitalmarktgeschäft waren die Zinssenkungen der Federal Reserve seit September. Durch diese haben sich die finanziellen Bedingungen für Unternehmen zwischenzeitlich überhaupt erst so weit gelockert, dass sie beginnen, in größerem Umfang Finanzierungen nachzufragen und an Börsengänge zu denken. Allerdings steht eine neuerliche geldpolitische Entspannung nun schon wieder erheblich in Zweifel. Neben der hartnäckigen Inflation lässt auch die massive Ausweitung der US-Staatsverschuldung Ökonomen inzwischen den Glauben daran verlieren, dass die Fed im laufenden Jahr auch nur genug Spielraum für eine weitere Zinssenkung besitzt – ganz zu schweigen von den drei oder vier, auf die sich der Finanzsektor vorübergehend eingeschworen hatte.

Die geplanten Strafzölle der Trump-Regierung gegen Handelspartner der Vereinigten Staaten sind jedenfalls dazu prädestiniert, die inländische Teuerung anzutreiben. Und wie sehr sich Investoren vor weiteren Explosionen der US-Haushaltsdefizite unter dem Republikaner sorgen, zeigt der zuletzt überproportional starke Anstieg der Treasury-Renditen am langen Ende der Kurve. Für Amerikas Banken ist eine solche „Versteilerung“ auf den ersten Blick zwar positiv – dass sie die auf Einlagen gezahlten Raten nach dem Depositenwettbewerb der Vorquartale nun langsamer anheben können und Erträge aus dem Kreditgeschäft zugleich steigen, stützt die Nettozinsmargen. Doch die Geschwindigkeit, mit der die Kreditkosten für Unternehmen nun steigen, könnte die aufkeimende Nachfrage sowohl nach Fremd- als auch Eigenkapitalfinanzierungen schnell abwürgen.

Einseitiger Private-Credit-Hype

Dann ist es auch unerheblich, ob Private-Equity-Riesen nach Jahren, in denen sie angesichts schwieriger Konditionen an ihren Beteiligungen festhielten, unter höherem Druck durch ihre Investoren stehen, Gewinne zu realisieren und neue Deals anzugehen. Ohne günstiges geldpolitisches Umfeld dürfte die Zahl der erfolgreichen Exits gering bleiben. Und Banken wie Goldman Sachs, die sich eigens neu organisiert, um einen steigenden Bedarf an Finanzierungen auch über Private Credit für sich abzuschöpfen, drohen mit der rosa Brille auf der Nase zu viel auf eine Karte zu setzen.

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