KommentarBundestagswahl

Duell der Staatsmänner

Olaf Scholz und Friedrich Merz lieferten sich im TV-Duell 2025 einen respektvollen Schlagabtausch. Politische Differenzen wurden klar, doch der Diskurs blieb gesittet.

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Von Angela Wefers

Einem Hanseaten oder einem Sauerländer wird nicht gerade überschäumendes Temperament in die Wiege gelegt. So lieferten sich Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und sein Herausforderer Friedrich Merz (CDU) am Sonntag im ersten Fernsehduell des Bundestagswahlkampfs 2025 einen äußerst zivilisierten Schlagabtausch. Politische Unterschiede – etwa in der Migration, Steuer- oder Haushaltspolitik – der Parteien wurden deutlich, aber der Diskurs blieb stets gesittet. Die Wähler können gewiss sein: In Deutschland agieren der amtierenden Kanzler und der wahrscheinlich neue Kanzler auf dem Niveau von Staatsmännern. Die Erfahrung aus der missglückten Ampel-Regierung hat gelehrt, dass Wähler Streit nicht honorieren.

Gepunktet hat Scholz bei Glaubwürdigkeit und Sympathie, Merz bei Sachverstand. Beide kamen weitgehend unfallfrei durch die Debatte von 90 Minuten. Laut Forschungsgruppe Wahlen haben die Zuschauer einen knappen Erfolg für Scholz verbucht. Tatsächlich ist die Frage des Duellgewinners aber kein Vorbote auf das Wahlergebnis. Anders als in den USA stehen nicht die Kandidaten zur Wahl, sondern Parteien und Kandidaten in den Wahlkreisen. Die Umfragen der Meinungsforschungsinstitute deuten auf einen Sieg der Unionsparteien. Um eine Regierung zu bilden, werden sie aber einen oder gar zwei Koalitionspartner benötigen.

Der respektvolle Umgang mag auch ein Vorbote sein, dass Union und SPD bald nach der Bundestagswahl an einem Tisch zu Koalitionsverhandlungen sitzen dürften. Die Parteien der Mitte müssen zusammenrücken, damit die an den Rändern nicht zum Zuge kommen. Der Widerstand von CSU-Chef Markus Söder gegen eine Koalition mit den Grünen verschlechtert die Verhandlungsposition für die Union. Die SPD kann mehr fordern, wenn CDU und CSU keine Alternative haben. Der gepflegte Ton im Duell kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Probleme mit den Koalitionsverhandlungen erst beginnen. Es müssen zwei Lager mit sehr unterschiedlichen politischen Vorstellungen zusammenrücken.

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