Leitartikel Ampel-Regierung

Ein Haushalt voller Unwägbarkeiten

Die Ampel liefert mit dem Etat 2025 ihre Leistungsbilanz ab. Sie wird an Zahlen und Taten gemessen werden.

Ein Haushalt voller Unwägbarkeiten

Ampel-Regierung

Ein Haushalt voller Unwägbarkeiten

Die Ampel liefert mit dem Etat 2025 ihre Leistungsbilanz ab. Sie wird an Zahlen und Taten gemessen werden.

Von Angela Wefers

Der Bundeshaushalt 2025 ist ein besonderer Etat. Für die Ampel-Spitzen – Kanzler Olaf Scholz (SPD), Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) – war es diesmal nicht nur wegen der großen Interessenkonflikte besonders schwierig, einen Kompromiss zu finden. Die Ampel geht mit diesem Etat auch in das Wahljahr 2025. Sie liefert ihre Leistungsbilanz ab. Alle finanziellen Wirkungen auf Bürger und Wirtschaft können die Wahl beeinflussen, wenn es im Herbst des kommenden Jahres regulär an die Urnen geht. Dass die Ampel diesen Termin unbedingt gemeinsam erreichen will, hat die Dreierspitze untermauert: 80 gemeinsame Stunden hat sie über dem Etatentwurf gebrütet. Vorgezogene Neuwahlen würden bei den Umfrageergebnissen für jeden der Beteiligten ein Desaster bedeuten. Es ist der äußere Druck, der die Koalitionspartner zusammenhält.

Dabei bleibt der Bundeshaushalt 2025 voller Unwägbarkeiten. Bis das Kabinett am 17. Juli beschließen kann, müssen die Haushaltsbeamten im Ministerium die politische Einigung in die harten Zahlen eines Regierungsentwurfs für 2025 und einer mittelfristigen Finanzplanung bis 2028 gießen. Viele Fragen dazu sind öffentlich bislang nicht beantwortet. Wie entwickeln sich Ausgaben und Neuverschuldung in den nächsten vier Jahren? Wie kann die Nato-Ausgabenquote von 2% der Wirtschaftsleistung erfüllt werden, wenn 2028 das Bundeswehr-Sondervermögen aufgebraucht ist? Unklar ist, wie dann der Ausgabensprung im Verteidigungsetat von heute 52 Mrd. Euro auf dann 80 Mrd. Euro finanziert wird.

Es ist in der Tat kein Sparhaushalt, wie Lindner in Richtung SPD und Grüne beteuerte. Es ist aber auch kein Haushalt zurück in die Normalität – nach Corona, ohne billiges Gas aus Russland und während eines Krieges in der Ukraine ohne absehbares Ende. Der Bund gibt mit geplanten 481 Mrd. Euro nur geringfügig weniger aus als in diesem Jahr mit 489 Mrd. Euro, wenn der geplante Nachtragshaushalt 2024 gebilligt ist. Rund 44 Mrd. Euro neue Schulden kommen hinzu, mehr als 2024 bislang vorgesehen waren. Lindner warnt stets vor steigenden Zinslasten des Bundes und geißelt die ausgeweitete Staatsquote. Er fährt den Kurs aber in der Ampel mit. Schreibt man die mittelfristige Finanzplanung aus dem letzten Jahr vor der Coronakrise fort, würde der gestiegene Ausgabenpfad gleichwohl um rund 100 Mrd. Euro unter dem heutigen Ausgabenniveau liegen. Der Bundesetat ist enorm aufgebläht, ein Weg zurück nicht in Sicht.

Der Etat birgt unwägbare Posten. Rund 16 Mrd. Euro sind weiterhin nicht finanziert. Die Hälfte dieser globalen Minderausgabe verschwindet erfahrungsgemäß im Haushaltsvollzug. Für die andere Hälfte hat Lindner kreative Buchführung im Blick. Dazu gehört eine geänderte Buchungsmethode für das Disagio auf Bundesanleihen. Experten raten zwar zur periodengerechten Abgrenzung, aber erst seit der Zinswende nutzt diese dem Bund. Vermeintlich präziser gefasst werden auch Schätzposten. Tatsächlich dürften diskrete Puffer dahinschmelzen.

Die größte Unwägbarkeit liegt in der Haltung der Fraktionen. Erste Reaktion auf die politische Einigung der Ampel-Spitze war heftiger Widerstand. Die SPD dringt weiter auf das Aussetzen der Schuldenbremse – ein No-Go für die FDP. Grüne sprachen lediglich von einer „ordentlichen Arbeitsgrundlage“. Mehr soll für Verteidigung ausgegeben werden. Der Bundestag ist der Souverän – in erster Linie beim Haushalt. Ungewöhnlich aber ist die Vehemenz, mit der die Fraktionen sich von der Regierung absetzen.

Eindeutig gelungen ist der Ampel-Spitze ein Ablenkungsmanöver. Erregt wird über das Wirtschaftsdynamisierungspaket diskutiert, etwa über Steuerboni für ausländische Facharbeiter. Das Paket liest sich wie eine Liste von vielen Restanten aus dem Koalitionsvertrag. So lässt etwa die Reform der Altersvorsorge noch immer auf sich warten – der gesetzlichen wie der privaten. Die Krux der Ampel ist ihr fehlendes Umsetzungsvermögen. Vor allem die Wirtschaft hat das Zutrauen verloren. Die Ampel wird an ihren Zahlen gemessen werden, aber auch an ihren Taten.

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