KommentarItalienische Übernahmepläne

Für die Commerzbank tickt die Uhr

Der Commerzbank bleibt wenig Zeit, um ihre Unabhängigkeit zu verteidigen. Bis Juni muss die Bankenaufsicht über die von Unicredit angestrebte Beteiligung von 29,9% entscheiden. Die Aktionäre sollten sich auf ein öffentliches Angebot einstellen.

Für die Commerzbank tickt die Uhr

Commerzbank

Jetzt tickt
die Uhr

Von Anna Sleegers

Wer gedacht hat, Unicredit-Chef Andrea Orcel habe seine Expansionspläne für den deutschen Markt mit der Offerte für den heimischen Wettbewerber BPM fallen gelassen, sieht sich getäuscht. Wie das Mailänder Institut am Mittwoch mitteilte, hat es sich Zugriff auf weitere Commerzbank-Anteile gesichert, so dass seine rechnerische Beteiligung auf etwa 28% gestiegen ist. Fast noch wichtiger ist aber ein anderer Satz in der Mitteilung: Mit dem Einreichen der erforderlichen Unterlagen haben die Italiener das in Aussicht gestellte Inhaberkontrollverfahren in Gang gesetzt. Die bei der Europäischen Zentralbank (EZB) angesiedelte Bankenaufsicht hat nun 60 Arbeitstage Zeit, um zu entscheiden, ob Unicredit 29,9% der Commerzbank-Anteile übernehmen darf.

Damit könnte ein öffentliches Übernahmeangebot an die Eigentümer der Commerzbank in greifbare Nähe rücken. Dazu wäre Unicredit gesetzlich verpflichtet, sobald ihre Beteiligung auf 30% steigt. Möglicherweise werden die Italiener diesen Schritt erst gehen wollen, wenn die Aufsicht ihnen im laufenden Verfahren grünes Licht signalisiert. Doch bekanntermaßen hegen die europäischen Bankaufseher große Sympathien für eine grenzüberschreitende Konsolidierung. Da sie die beteiligten Institute seit Jahren beaufsichtigen, steht nicht zu erwarten, dass sie Orcels Plan grundsätzlich in Frage stellen.

Die Uhr tickt

Für die Eigenständigkeit der Commerzbank tickt damit die Uhr. Um die Avancen von Unicredit abzuwehren, hat sich das Management vorgenommen, die Strategie nachzuschärfen, um die Börsenbewertung auf ein für Unicredit unattraktives Niveau zu heben. Nach Analysteneinschätzung liegt die Schmerzgrenze der Italiener derzeit bei etwa 21 Euro, also fast ein Drittel über dem heutigen Niveau. Vorstellen will die Commerzbank ihre Pläne auf dem Kapitalmarkttag am 13. Februar. Je nach Berechnungsweise ist das etwa Tag 42 der 120-tägigen Entscheidungsfrist des Inhaberkontrollverfahrens. Was könnte das Management den Investoren auftischen, um einen solch gewaltigen Kurssprung auszulösen?

Höchstens eine eigene Übernahme, mit der die Commerzbank in eine andere Liga aufsteigen würde, hätte vielleicht das Potenzial. Kurzfristig haben derlei Ankündigungen jedoch meist einen negativen Effekt auf die Bewertung. Auch ist Konzernchefin Bettina Orlopp nicht so irrational, dass sie einen Zukauf nur zwecks der Verteidigung der eigenen Unabhängigkeit tätigen würde. Die Commerzbank-Aktionäre sollten sich daher auf ein baldiges Angebot aus Italien einstellen.

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