Hohe Ausgabenwünsche

Kein Freifahrtschein für eine lockere Schuldenbremse

Eine Schuldenbremse mit mehr Spielraum muss die Investitionen des Staates beflügeln, nicht konsumtive Ausgaben steigern.

Kein Freifahrtschein für eine lockere Schuldenbremse

Schuldenbremse

Kein Freifahrtschein

Von Angela Wefers

Eine Schuldenbremse mit mehr Spielraum muss
die Investitionen des Staates beflügeln, nicht konsumtive Ausgaben steigern.

Es scheint ein Überbietungswettbewerb mit Milliardenbeträgen ausgebrochen zu sein, seit US-Präsident Donald Trump es auf die alte Weltordnung abgesehen hat. Forderungen nach kreditfinanzierten Sondervermögen können vermeintlich gar nicht hoch genug ausfallen. In den Sondierungsgesprächen für eine neue Koalition werden Kredite von 400 Mrd. Euro für Verteidigung ventiliert und 400 bis 500 Mrd. Euro für Infrastruktur. Die EU-Kommission setzte mit ihrem Vorschlag, europaweit bis zu 800 Mrd. Euro für Verteidigung zu mobilisieren, noch eins darauf.

Große Zahlen beeindrucken. Das sollen sie auch. Sie sind ein starkes Signal für die Bereitschaft Europas und Deutschlands, Sicherheit und Verteidigung in die eigene Hand zu nehmen. Den Aggressor Russland soll dies abschrecken und die USA locken, Bündnispartner in der westlichen Welt zu bleiben. Intransparent bleibt, über welche Perioden sich die hohen Beträge erstrecken sollen. Erst bezogen auf eine Frist werden daraus belastbare Rechengrößen, wie viel zusätzlichen Kredit der Staatshaushalt verkraften kann.

Vorschlag der Bundesbank

Die Debatte über die unerlässliche Steigerung der Verteidigungsausgaben weckt augenblicklich weitere Ausgabenwünsche. Die öffentliche Infrastruktur hat Nachholbedarf. Digitalisierung und Transformation fordern auch den Staat. Der Ruf nach mehr Sozialausgaben wird in den Koalitionsverhandlungen auch bald erschallen. Damit nicht die Schleusen für eine unkontrollierte Schuldenpolitik über die Lockerung der Schuldenbremse geöffnet werden, muss eine Revision sicherstellen, dass der Staat nicht Geld verplempert, das er nicht hat. Zusätzliche Neuverschuldung muss zukunftsweisend eingesetzt werden.

Mehr Spielraum in der Schuldenbremse muss die Investitionen des Staates beflügeln und darf nicht konsumtive Ausgaben steigern. Der Vorschlag der Bundesbank zur Reform der Schuldenbremse ist dazu geeignet. Es geht nur vordergründig um Lockerung. Die Währungshüter erneuern ihr Konzept, den Kreditspielraum des Bundes vom Schuldenstand abhängig zu machen und die Schuldenquote bei nicht mehr als 60% des Bruttoinlandsprodukts zu stabilisieren. Ein geringerer Schuldenstand erlaubt mehr Spielraum und umgekehrt. Etwas mehr Luft als zuvor will die Bundesbank für Investitionen geben – aber auch nur dafür. Ein Sondervermögen für Verteidigung geht zulasten von kreditfinanzierten Investitionen ein. Die Bundesbank gibt gerade keinen Freifahrtschein.

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