Softbank

Milliarden-Jongleur mit Wert­schwankungen

Die Quartalsergebnisse von Softbank sind oftmals volatil. Die Investmentgruppe hält ihre Anteile gerne, tätigt oftmals absurd komplexe Finanzgeschäfte und schichtet ihre Beteiligungen häufig um. Analysten wundern sich.

Milliarden-Jongleur mit Wert­schwankungen

Von Martin Fritz, Tokio

Die 17 Softbank-Analysten sind nicht zu beneiden: Die Investment-Gruppe von Masayoshi „Masa“ Son erzeugt aufgrund der starken Wertschwankungen ihrer Tech-Unternehmen hochvolatile Quartalsergebnisse, weil man die eigenen Anteile tendenziell eher hält, als die Wertzuwächse einzustreichen, etwa über einen Ausstieg nach einem Börsengang. Zugleich tätigt die Gruppe teilweise absurd komplexe Finanzgeschäfte und schichtet ihre Beteiligungen häufig um. Solche Bewegungen sind oft nur schwer nachzuvollziehen.

Beispiel T-Mobile US vergangene Woche: Softbank tauscht rund drei Fünftel ihrer 106 Millionen T-Mo­bile-Anteile gegen 2,4 Mrd. Dollar Bargeld und 4,5% der Deutschen Telekom ein. Nur: Warum lag der vereinbarte Preis für die T-Mobile-Aktien um 15% unter dem Börsenkurs und der Preis für die Telekom-Aktien 11% darüber? Letzteres erklärte Softbank-COO Marcelo Claure mit dem Kurspotenzial der Telekom-Aktie. Aber für solche plumpen Spekulationen sind die Japaner eigentlich viel zu ausgebuffte Dealmaker.

Die Börse verstand das Tauschgeschäft als Signal für den ersehnten neuen Aktienrückkauf. In zwei Tagen legten die Softbank-Titel um 15% zu. Der letzte Rückkauf im Rekordumfang von 2,5 Bill. Yen (19,2 Mrd. Euro) endete im Mai. CEO Son hält sich Umfang und Termin eines neuen Rückkaufs offen, obwohl die Aktie seit Mai um bis zu 40% fiel. Nun hofft die Börse auf einen Komplettverkauf der Anteile an T-Mobile und Deutscher Telekom, der 13 Mrd. Dollar einbrächte.

Dessen ungeachtet holt sich Softbank am Mittwoch 3,85 Mrd. Dollar frisches Kapital von einer Gruppe um J.P. Morgan Chase Bank und Goldman Sachs – einen Margenkredit von 2,6 Mrd. Dollar bis Juli 2024 und einen Brückenkredit von 1,25 Mrd. Dollar für zwei Monate. Als Kreditsicherheit dienen insgesamt 88 Millionen Aktien von T-Mobile. Im Kleingedruckten hat die Telekom also Softbank erlaubt, diese Anteile trotz Tausch zu beleihen. Das könnte ein Motiv für die schlechten Kurse beim Telekom-Deal sein. Ein anderes Motiv teilte Softbank eher nebenbei mit: Ihre restlichen 3,3% von T-Mobile würden bei Erreichen bestimmter Kursziele durch die Ausgabe von „True-up-Aktien“ auf bis zu 6,9% anwachsen.

Gegen einen Aktienrückkauf spricht der aktuelle Refinanzierungsbedarf. Bis Juni 2022 muss die Gruppe Anleihen für 1,2 Bill. Yen (9,2 Mrd. Euro) ablösen. Dafür versprach Son einen ausreichend hohen Cash-Bestand. Im Vorgriff begab Softbank im Juni eine Yen-Anleihe für 405 Mrd. Yen (3,1 Mrd. Euro) und im Juli Schuldpapiere in Dollar und Euro für 814 Mrd. Yen (6,2 Mrd. Euro) mit einer Laufzeit von durchschnittlich 7 Jahren. Einen mit Alibaba-Aktien beliehenen Margenkredit stockte das Unternehmen um 207 Mrd. Yen (1,6 Mrd. Euro) auf. Vor wenigen Tagen folgte eine zweite Yen-Anleihe für 450 Mrd. Yen (3,5 Mrd. Euro). Der jährliche Kupon von 2,4% bis 2026 bietet Anlegern mehr als jeder andere Bond in Japan.

Auf wackeligen Füßen

Im längerfristigen Vergleich hat sich die Schuldenlage der Gruppe durch die hohen Bewertungen ihrer Tech-Beteiligungen verbessert. Derzeit weist die Bilanz Schuldpapiere für 5,4 Bill. Yen (41,7 Mrd. Euro) aus. Dazu kommen Bank- und Hybridkredite über 1,8 Bill. Yen (14,1 Mrd. Euro), die aktuellen Deals exklusive. Im Verhältnis zum Gesamtwert der Beteiligungen von 245 Mrd. Euro (siehe Grafik) scheint die Schuldenquote von 23% akzeptabel zu sein.

Aber die Bewertungen sind nicht in Stein gemeißelt. Ein Beispiel ist die hohe Abhängigkeit von Alibaba mit knapp zwei Fünftel des Softbank-Besitzes. Seit dem Bilanzstichtag 30.6. hat die Aktie des E-Commerce-Riesen infolge der staatlichen Regulierung um 27% nachgegeben. Dadurch schrumpfte der Wert des Softbank-Anteils um 26 Mrd. Euro. Auch der Kurseinbruch des Fahrdienstvermittlers Didi trifft Softbank hart. Der Anteil seines Vision Fund von 20% war zeitweise über 5 Mrd. Dollar weniger wert als beim IPO Ende Juni.

Sollte der geplante Verkauf des Chipdesigners ARM an Nvidia scheitern, droht Softbank ebenfalls Ungemach. Durch den Kursanstieg von Nvidia seit der Deal-Verkündung vor einem Jahr könnte Softbank theoretisch über 50 Mrd. Dollar einnehmen. In der Bilanz steht die Position mit knapp 25 Mrd. Dollar. Der Kartellaufsicht in Großbritannien scheint die Fusion jedoch nicht zu schmecken. Bei einer Absage bliebe Softbank nur ein Börsengang. Aber auf Basis der aktuellen Durchschnittsbewertung von Chip-Aktien kalkulierte Bloomberg für ARM lediglich einen Marktwert von 17,5 Mrd. Dollar.

Für hochgezogene Augenbrauen sorgen auch die privaten Finanzgeschäfte von Gründer Son, die sich in der Bilanz so gut wie gar nicht entdecken lassen. Der 64-Jährige besitzt immerhin 26,7% der Softbank Group, ein Zuwachs von fast 5 Prozentpunkten gegenüber Juni 2020 infolge des Aktienrückkaufs. Außerdem hält er 33% der neuen Investment-Sparte SB Northstar und darf sich mit bis zu 2,6 Mrd. Dollar oder 17,3% am Vision Fund 2 beteiligen. Das Kapital verschafft sich Son angeblich über Kredite, die er mit seinen eigenen Aktien absichert.

Den immer wieder aufkeimenden Spekulationen über einen kompletten Buy-out hatte Son zuletzt im Februar eine Absage erteilt. Der Kapitalbedarf wäre extrem hoch, die zahlreichen Unternehmensanleihen verkomplizierten die Privatisierung. Aber bei Masa Son weiß man nie. Denn der japanische Milliarden-Jongleur ist immer für eine Überraschung gut.