Scope bekommt Fuß in die Tür
Scope
Endlich ein Fuß
in der Tür
Von Anna Sleegers
Um einen Eindruck von der Wettbewerbssituation im globalen Ratinggeschäft zu bekommen, reicht ein einfaches Gedankenspiel. Was würde man denken, wenn einer der angelsächsischen Rating-Konzerne anlässlich des Vertragsabschlusses mit einer US-Regionalbank eine Pressemitteilung herausgibt?
Genau das hat Scope Rating aus Berlin am Donnerstag getan. Allerdings sitzt der neue Kunde nicht in den USA, sondern in Frankfurt. Gut ein Jahr nachdem die Europäische Zentralbank (EZB) ihr als zusätzlicher Ratingagentur eine Zulassung erteilte, hat die (kontinental)europäische Herausforderin der US-Platzhirsche Moody’s und S&P die DekaBank als Kunden gewonnen.
Mehr Wettbewerb ist eine gute Nachricht
Das Wertpapierhaus der Sparkassen wird an die digitale Plattform „Scope One“ angeschlossen, was den Portfoliomanagern und Investmentstrategen vollen Zugang zum Kreditrating und Research der Berliner verschafft. Auch wenn Scope damit keinen der übermächtigen Wettbewerber verdrängt, ist das möglicherweise mehr als nur ein Achtungserfolg.
Trotz des einen oder anderen Patzers, den sich Scope in der Vergangenheit geleistet hat, ist ein großer deutscher Finanzmarktakteur offenbar der Auffassung, dass das Research von Scope zumindest eine sinnvolle Ergänzung zum Angebot der angelsächsischen Wettbewerber bietet.
Was die Vereinbarung mit der DekaBank besonders interessant macht, ist, dass sie ihrerseits das Rating-Angebot von Scope in ihre Digitalplattform „Deka Easy Access“ einspeist. Somit können mehr als 300 angeschlossene Sparkassen und andere institutionelle Kunden für die Steuerung ihrer Eigenanlagen auf das Angebot zuzugreifen. Dank der dezentralen Struktur der Finanzgruppe ist der Effekt auf die Marktdurchdringung daher vermutlich größer als bei anderen Adressen.
Nach Abzug des Referenzkunden-Bonus dürfte der Effekt auf die Gewinn-und-Verlust-Rechnung der Berliner überschaubar sein. Gleichwohl ist es gut, dass Scope nach fast zwei Jahrzehnten endlich einen Fuß in die Tür bekommt. Nicht bloß die Landesbanken werden genau hinschauen, welche Erfahrungen die Sparkassen mit dem Angebot der Berliner machen. Spätestens beim nächsten Versuch der etablierten Anbieter, Preiserhöhungen durchzusetzen, könnten andere Assetmanager folgen. Mehr Wettbewerb ist für die unter Kostendruck stehende Branche eine gute Nachricht.
Die als europäische Herausforderin angetretene Ratingagentur hat einen ersten Großkunden gefunden. Das ist ein Erfolg, auch wenn er reichlich spät kommt.