Trump ruiniert den Dollar
US-Zölle
Trump ruiniert den Dollar
Von Dieter Kuckelkorn
Mit seiner Zoll-Lawine gefährdet Donald Trump die US-Volkswirtschaft und die Zukunft des Dollar.
US-Präsident Donald Trump hat, um es einmal neutral auszudrücken, in sehr kurzer Zeit weitreichende Veränderungen in der US-Regierung und im Welthandelssystem eingeleitet. Seine tiefgreifenden Maßnahmen wirken oft spontan, hinter ihnen stecken jedoch meist ausgearbeitete Konzepte seiner Berater, die er letztlich nur umsetzt. Hinsichtlich des Kahlschlags in der US-Bundesregierung ist es eine Blaupause der Heritage Foundation. Seiner Zoll-Offensive, die momentan die internationalen Waren- und Finanzmärkte durcheinanderwirbelt, liegt ein Schlachtplan seines ökonomischen Chefberaters Stephen Miran zugrunde. Das bedeutet allerdings nicht, dass die Pläne auch gut durchdacht sind, in der Praxis funktionieren und zu den von Trump gewünschten Ergebnissen führen. Insbesondere der Dollar und seine Rolle könnte erheblich unter ihnen leiden.
Nachteile der Leitwährung
In seinem Konzept vertritt Miran die Ansicht, dass der Status des Dollar als Weltreservewährung insbesondere wegen des sinkenden Anteils der US-Wirtschaft an der Weltwirtschaft und der hohen Nachfrage nach der US-Devise zu einer ständigen Überbewertung des Dollar führt, die wiederum in asymmetrischen Handelsbeziehungen und schwerwiegenden Wettbewerbsnachteilen der amerikanischen Exporteure resultiert. Dies sei die Ursache für die Deindustrialisierung der USA und ihre tiefgreifenden gesellschaftlichen und sozialen Folgen, die Miran und Trump umkehren wollen. Mittel der Wahl dafür sind hohe Schutzzölle, die der US-Industrie Raum für eine Renaissance geben sollen. Allerdings würden Handelspartner, in erster Linie China, die Situation mit durchaus bösartigen Intentionen ausnutzen und den Erhalt des Status quo anstreben, um sich ungerechtfertigt auf Kosten der USA zu bereichern.
Miran erwartete übrigens in dem im November 2024 geschriebenen Papier auch, dass es kaum Turbulenzen an den Finanzmärkten geben würde, weil Trump die Zölle mit ausreichendem zeitlichen Vorlauf ankündige und gestaffelt einführe, was einen gewissen Kontrast zu dem aktuell zu beobachtenden „Shock and awe“-Ansatz und den schweren Verlusten an den Märkten darstellt.
Ausgewogene Beziehungen
Nun gibt es bereits an der Analyse Mirans Zweifel. Der Chairman of the Council of Economic Advisers des Präsidenten pocht auf das hohe rein warenbezogene Handelsbilanzdefizit der USA, unterschlägt aber, dass sich unter Einbeziehung von Dienstleistungen oftmals, wie im Verhältnis zu Europa, ausgewogene Handelsbeziehungen ergeben. Miran will auch nicht wahrhaben, dass China mit der Übernahme amerikanischer Industrien zunächst niedriger Komplexität eine Rolle einnahm, die die USA dem Land in der Phase der Globalisierung als damals singuläre Hypermacht zuwiesen.
Greenback gibt deutlich nach
Miran ist fest davon überzeugt, dass die Zölle die gewünschte Wirkung zeigen, ohne dass sie die US-Konsumenten nennenswert belasten, weil sie − übrigens entgegen dem langfristigen Ziel der Schwächung des Greenback − den Dollar zunächst aufwerten lassen würden, sodass die Herkunftsländer der US-Importe die Wohlstandsverluste zu tragen hätten. Die Realität sieht jedoch anders aus. Der Dollar-Index hat seit seinem Hoch Mitte Januar bereits fast 7% eingebüßt. Das bedeutet, dass US-Unternehmen und Trumps Wähler entgegen den Versprechungen die Folgen des Zoll-Abenteuers zu schultern haben, wobei die Ökonomen von Goldman Sachs davon ausgehen, dass auch die großvolumigen Steuersenkungen das nicht ausgleichen können.
Panikattacke und Entbehrungen
Daher hat der prominente republikanische Senator Ted Cruz jetzt bereits eine öffentliche Panikattacke erlitten, er sieht schwarz für die Republikaner in den Wahlen zum Kongress in zwei Jahren. Und selbst Trump hat seine Mitbürger wissen lassen, dass bis zur Wiederherstellung der ökonomischen Kraft des Landes mit „Entbehrungen“ zu rechnen sei.
Harte Gegenmaßnahmen
Die aktuelle Dollar-Schwäche ist auch ein Ergebnis davon, dass Länder wie China harte Gegenmaßnahmen angekündigt haben, die im Fall Chinas neben eigenen Importzöllen auch den Stopp der Ausfuhr strategisch wichtiger Rohstoffe umfassen. Zwar haben einige Länder wie beispielsweise die aufstrebende Großmacht Indien Verhandlungsbereitschaft signalisiert, sich dem Diktat letztlich zu beugen und auf US-Forderungen einzugehen. Ob das aber wirklich zu einem von der US-Führung gewünschten internationalen „Mar-a-Lago Accord“ führen wird, ist fraglich. Eine solche internationale Übereinkunft würde nach dem Vorbild des Plaza Accord aus dem Jahr 1985 Partner der USA dazu verpflichten, für eine Aufwertung ihrer Währungen und eine Abwertung des Dollar zu sorgen.
Grandioses Scheitern
Zu erwarten ist auch, dass Trumps Ziel, ausländische Industrien zur Verlagerung in die USA zu bewegen, grandios scheitert, weil dies abseits der Zölle viele andere Voraussetzungen hat, etwa Infrastruktur, gut ausgebildete Arbeitskräfte und eine gut funktionierende Supply Chain − wie auch ein stabiles und berechenbares politisches Umfeld.
Der französische Präsident Emmanuel Macron hat auch bereits staatliche und EU-Eingriffe gefordert, die diese Verlagerungen unterbinden sollen.
Toxische Assets
Für die Handels-„Partner“ der USA drohen jedenfalls die Welthandels- und Reservewährung Dollar sowie US-Treasuries längerfristig zu toxischen Assets zu werden, die gemieden werden, zumal China nicht entgangen sein dürfte, dass Miran fordert, die USA sollten US-Treasuries in chinesischem Besitz „in Treuhand nehmen“, was nach Beschlagnahme riecht. Und mit Blick auf die Belastungen durch die Zölle ist zu erwarten, dass sich die Unternehmen anderer Nationen auf den inländischen Konsum und den ausreichend großen Welthandel unter Ausklammerung der USA konzentrieren.
Unternehmen werden reagieren
Das wären Verschiebungen, die sich vor allem durch Adjustierungen der Unternehmen ergeben würden, sodass staatliche Gegenmaßnahmen anderer Nationen wie eigene Zölle möglicherweise nicht einmal erforderlich wären, um die Situation zu bewältigen. Druck auf den Dollar resultiert aber auch aus dem großvolumigen Abzug investierter Mittel, weil sich die Perspektiven der US-Volkswirtschaft durch die Zölle stark eingetrübt haben und weil die USA nicht länger als ein Anlageland mit hoher Rechtssicherheit gelten können.
Welt ohne Leitwährung?
Was die Rolle des Greenback als Weltleitwährung betrifft, so dürfte das Argument nicht mehr gelten, dass Verschiebungen zulasten des Dollar sehr lange Zeiträume erfordern. Zwar wird der Euro niemals die Statur haben, die Rolle des Dollar zu übernehmen, und China sperrt sich dagegen, den Yuan für diese Funktion zu positionieren. Allerdings öffnen sich mit dem in der Entstehung begriffenen BRICS-Handelssystem neue Perspektiven. Ein solches Handelssystem könnte mit dem automatisierten Einsatz von Instrumenten wie Währungs-Swaps, Verrechnungseinheiten und sogar gut organisiertem Barter Trading auf eine einzelne Welthandelswährung verzichten.
In der Wirtschaftsgeschichte der Welt ist eine Weltleitwährung übrigens eher die Ausnahme gewesen, nur das britische Pfund und der Dollar hatten bzw. haben diese Rolle inne. Es wäre daher ein Irrtum zu erwarten, dass internationaler Handel ohne eine einzige führende Währung nicht funktionieren kann.
Dramatische Folgen
Die Folgen solcher Veränderungen wären für die USA dramatisch: Die Nachfrage nach dem Dollar wäre nicht mehr unelastisch, die Nachfrage nach US-Treasuries als Reserve-Asset würde stark nachlassen. Der amerikanische Staat könnte sich nicht mehr grenzenlos Mittel borgen, unter anderem für seinen aufgeblähten Militärapparat. Die USA hätten dann zwar einen schwächeren Dollar, aber die dominante Position der USA und ihrer Währung wäre verloren.