Unicredit legt Commerzbank-Attacke auf Wiedervorlage
Es stand zu erwarten, dass die bei der Europäischen Zentralbank (EZB) angesiedelte Bankenaufsicht keine Einwände gegen den Einstieg von Unicredit bei der Commerzbank haben würde. Die Aufseher kennen beide Institute gut – und die italienische Großbank hat mit der Übernahme der HypoVereinsbank (HVB) bereits unter Beweis gestellt, dass sie einen deutschen Wettbewerber integrieren kann – auch wenn die Art und Weise kaum jemanden am Finanzplatz München gefallen hat.
Wer nun aber erwartet hätte, dass Unicredit-Chef Andrea Orcel nun das Messer wetzt, beziehungsweise die Unterlagen für ein Übernahmeangebot an die Commerzbank-Aktionäre in Auftrag gibt, sieht sich getäuscht. Ausnahmsweise hält der Dealmaker die Füße still. Aus Rücksicht auf die noch nicht erfolgte Regierungsbildung in Deutschland und die noch ausstehende kartellrechtliche Prüfung wollen die Italiener vorerst weder die Aktienposition abrufen, die sie sich nach eigenen Angaben gesichert haben, noch eine Entscheidung über den Erwerb weiterer Anteile treffen.
Beide Gründe dürfen getrost als vorgeschoben betrachtet werden. Orcel hat in den vergangenen Monaten mehr als einmal bewiesen, dass man ihn nicht immer beim Wort nehmen sollte. Es dürfte vielmehr an der gestiegen Börsenbewertung liegen, dass er die Aktionäre, Beschäftigten und das übrige Publikum des Spektakels jetzt auf das kommende Jahr vertröstet. Schon der per Stellenabbau eingelegte Renditeturbo hatte in Kombination mit den radikalen Ausschüttungsversprechen seine Wirkung an der Börse nicht verfehlt. Die Aussicht auf ein Konjunkturprogramm unter einer schwarz-roten Regierungskoalition tat ihr Übriges, um die Börsenbewertung um mehr als 10 Mrd. Euro zu steigern. Die Commerzbank ist Unicredit schlicht enteilt.
In Sicherheit wiegen sollte sich bei der Commerzbank deshalb jedoch niemand. Orcel hat den Fuß in der Tür – und vorerst keinen Grund, offen den Rückzug anzutreten. Sollte sich der Höhenflug der Aktie als nicht nachhaltig erweisen, dürfte er wieder auf Attacke schalten.