LeitartikelStaRUG-Verfahren

Varta braucht doppelte Neuaufstellung

Bei Varta ist es mit einer finanziellen Restrukturierung nicht getan. Der Batteriehersteller muss auch operativ neu aufgestellt werden.

Varta braucht doppelte Neuaufstellung

Varta

Doppelte Herausforderung

Von Helmut Kipp

Bei Varta ist es mit einer finanziellen Restrukturierung nicht getan. Der Batteriehersteller muss auch operativ neu aufgestellt werden.

Am Kapitalmarkt macht ein neuer Begriff die Runde. In Anlehnung an die vernichtende Niederlage Napoleons in der Schlacht bei Waterloo im heutigen Belgien ist nun von Vartaloo die Rede. Damit ist der Niedergang des an der Börse einst so erfolgreichen Batterieherstellers aus Ellwangen in Ostwürttemberg gemeint. Da das im April vergangenen Jahres mit den Banken vereinbarte Sanierungskonzept zu kurz greift, muss ein neuer Rettungsplan her. Klar ist: Ohne Teilerlass von Schulden und Kapitalschnitt geht Varta der Saft aus. Umgesetzt werden soll das Ganze über eine vorinsolvenzliche Sanierung nach dem StaRUG-Gesetz.

Ringen um Lastenverteilung

Nun feilschen Gläubiger und potenzielle Investoren um Lastenverteilung und Einfluss. Die Beteiligten müssen zeitnah eine Lösung finden, sonst droht ein böses Ende. Ein Kompromiss könnte darauf hinauslaufen, Schuldscheingläubigern, Banken und den auf Sondersituationen spezialisierten Fonds, die sich in den Konsortialkredit eingekauft haben, im Gegenzug für den Forderungsverzicht ein Instrument zur Wertaufholung, also eine Art Besserungsschein zu geben. Damit würden sie später von einer Genesung des schwer angeschlagenen Unternehmens profitieren. Bisher fehlt im sogenannten Equity-geführten Konzept eine Gegenleistung für den Kreditnachlass, was die Gläubiger wohl kaum akzeptieren werden. Um die Streubesitzaktionäre ins Boot zu holen, sollte ihnen die Möglichkeit eingeräumt werden, sich an der Wiederauffüllung des Eigenkapitals zu beteiligen. Das setzt voraus, dass eine Börsennotierung, anders als geplant, erhalten bleibt.

Der alte Großaktionär wird begünstigt

Außerdem begünstigt der Equity-Plan einseitig den bisherigen Großaktionär Michael Tojner. Der strittige Unternehmer verliert zwar wie die Kleinaktionäre im Zuge des geplanten Kapitalschnitts auf null seinen Einsatz, hat aber mit Anteilsverkäufen beim Börsengang 2017 und in den Folgejahren viel Geld verdient und überdies dicke Dividenden kassiert. Nun will Tojner seine dominierende Stellung behalten, obwohl er nur in geringem Umfang – die Rede war von 10 Mill. Euro – frische Liquidität bereitstellt. Der größte Teil seiner Einlage besteht aus Immobilien. Mal abgesehen davon, dass sich über die Bewertung solcher Sachwerte trefflich streiten lasst: Assets, die man nicht auf die Schnelle zu Geld machen kann, helfen einem Unternehmen in akuter Finanznot nicht. Was Varta braucht, ist Bares. Das Manko des Alternativkonzepts, hinter dem die Fonds stecken und das eine Übernahme durch die Gläubiger vorsieht, besteht darin, dass die neue Liquidität fremdfinanziert wird. Die Schulden bleiben also trotz Haircut hoch. Auch werden die Gläubiger nicht auf Dauer ihre Eigenkapitalanteile behalten wollen. Die erhoffte Zukunft als eigenständige Firma wäre für Varta unter diesem Rahmen schwerer darstellbar.

Kernproblem ist die geringe Ertragskraft

Mit der finanziellen Sanierung ist es aber nicht getan. Varta muss auch operativ neu aufgestellt werden. Die diversen Geschäftseinheiten haben zwar durchgehend mit Batterien zu tun, aber darüber hinaus sind keine großen Synergien zu erkennen. Das Kernproblem besteht in der ungenügenden Ertragskraft. Sie reicht nicht aus, um den Zinsdienst und die für eine Technologiefirma notwendigen Ausgaben für Forschung und Entwicklung zu finanzieren. Varta braucht viel Kapital für das Geschäftsmodell, profitiert aber kaum von Skaleneffekten. Die Preissetzungsmacht ist gering, vor allem im einst boomenden Geschäft mit Knopfzellen für kabellose Kopfhörer, in dem der Konzern an wenigen Großkunden wie Apple und Samsung hängt. Ausgerechnet in diese Sparte ist in den vergangenen Jahren ein großer Teil der Investitionen geflossen – mit der Folge, dass die Kapazitäten nur zur Hälfte ausgelastet sind. Das nennt man dann wohl klassisches Missmanagement.

Neuausrichtung notwendig

Nun ist auch das Geschäft mit Energiespeichern ins Stocken geraten. Da kann Varta nur froh sein, dass das vermeintlich langweilige Geschäft mit Haushaltsbatterien offenbar stabil läuft. Die Trennung von der E-Auto-Batteriesparte wäre ein erster Schritt zu mehr Fokussierung, dem weitere folgen müssen, ergänzt um eine Stärkung des Vertriebs, um die Verkaufszahlen zu steigern. Ohne eine Neuausrichtung des Geschäftsmodells trägt eine Restrukturierung der Finanzen nicht weit.

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