KommentarInfineon mit trüben Ausblick für 2025

Zwischen Jammern und Understatement

Die trübe Prognose für 2025 von Infineon lässt Anlegern viel Interpretationsspielraum. Das sorgt für Kursfantasie bei Deutschlands größtem Chipkonzern.

Zwischen Jammern und Understatement

Infineons Prognose

Mit Jammern und Understatement

Von Stefan Kroneck

In hochvolatilen Zeiten wie diesen ist Infineon in der Kapitalmarktkommunikation sehr geschickt. Trotz eines eingetrübten Ausblicks für 2025 hat es Deutschlands größter Halbleiterhersteller geschafft, mit einer Mischung aus Jammern über die schwache Auftragslage und einem trotzigen Understatement in Bezug auf die erwartete Profitabilität der eigenen Aktie etwas Leben einzuhauchen. Anders als die Erfahrung lehrt, dass bei einer schwachen Prognose eines Emittenten dessen Titel einknickt, stemmte sich das Papier gegen den Markttrend und führte mit einem satten Kursplus von über 6% den Dax an. Ähnlich reagierten die Anleger auch im Mai, als die Konzernführung unter anderem angesichts einer verhaltenen Konjunktur im größten Einzelmarkt China ihren Ausblick für 2024 nach unten korrigierte.

Viel Interpretationsspielraum

Infolge der Unsicherheit gehört Infineon aber nach wie vor zu den schwächsten Werten im deutschen Leitindex. Seit Jahresbeginn büßte der Anteilschein 15% ein. Doch die neue Prognose sorgt für Kursfantasie. Denn für jeden Investor lässt die Vorhersage des Vorstands einen Interpretationsspielraum: Für jene, für die das Glas stets halbvoll ist, und für jene, die das Glas immer als halbleer betrachten. Optimisten dürften die relativ guten Zahlen des zurückliegenden Quartals als Hinweis darauf deuten, dass Infineon die Prognose für das neue Geschäftsjahr, welches immer am 30. September endet, möglicherweise zu konservativ der Öffentlichkeit präsentiert. CEO Jochen Hanebeck handelte nach der Devise: sind die Erwartungen erst mal deutlich heruntergeschraubt, sorgen positive Nachrichten für mehr Schubkraft in Bezug auf die Kursperformance.

Wie Kaffeesatzleserei

Pessimisten könnten die Tatsache übergewichten, dass Hanebeck in seinem Ausblick den Risikofaktor Donald Trump gar nicht in Betracht zog. Der künftige US-Präsident, der nach der gewonnenen Wahl zum zweiten Mal ins Weiße Haus einzieht, hat angesichts seines erratischen Verhaltens das Potenzial, Infineon die Geschäfte zu vermasseln, sollte er zu neuen Handelskriegen ansetzen. Das ist aber zunächst Kaffeesatzleserei. Denn nichts wird so heiß gegessen wie gekocht.

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