Dax dreht vor Powell-Rede ins Minus
Vor der Rede des US-Notenbankchefs Jerome Powell ist am deutschen Aktienmarkt Abwarten angesagt. Der Dax büßte am Freitag anfängliche Gewinne ein und gab bis zum Mittag um 0,33% auf 13.228,77 Punkte nach. Auf Wochensicht deutet sich ein Minus von mehr als 2% an.
Der MDax der mittelgroßen Unternehmen fiel am Freitag um 0,15% auf 26.030,94 Zähler. Der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 verlor 0,2%.
Gespanntes Warten auf Powell
Der Chef-Währungshüter der USA wird sich am Nachmittag europäischer Zeit im Rahmen des Notenbank-Symposiums in Jackson Hole im US-Bundesstaat Wyoming äußern. Die Experten der Bank Credit Suisse rechnen jedoch damit, dass die Aussagen im Hinblick auf den kurzfristigen geldpolitischen Kurs unverbindlich bleiben. Powell dürfte eine Notwendigkeit betonen, dass Wirtschaftsdaten eine Rolle spielen hinsichtlich weiterer Zinserhöhungen zur Bekämpfung der hohen Inflation.
Möglicherweise gibt es bereits vor Powells Rede erste Tendenzen über den künftigen Notenbankkurs durch Äußerungen anderer Fed-Mitglieder, die Stellungnahmen angekündigt haben: Raphael Bostic aus Atlanta etwa wird um 14:30 Uhr auf CNBC zu sehen sein, gefolgt von Bloomberg Television-Interviews mit Patrick Harker aus Philadelphia um 15 Uhr, James Bullard aus St. Louis um 15:15 Uhr und einem weiteren Auftritt von Bostic um 15:30 Uhr. Die Chefin der Fed von Cleveland, Loretta Mester, wird um 17:30 Uhr auf Bloomberg TV sprechen.
Marktteilnehmer setzten aktuell auf eine Zinserhöhung um 0,50 oder 0,75 Prozentpunkte im September und auf weitere Zinserhöhungen mit abnehmender Dynamik bis Frühjahr 2023, schrieben die Analysten der Landesbank Hessen-Thüringen. Von dem erhöhten Niveau aus würden dann bereits Zinssenkungen im zweiten Halbjahr 2023 eingepreist. Sollte aber Powell das Risiko einer dauerhaft hohen Inflation hoch gewichten, könnten diese Markterwartungen unter Anpassungsdruck kommen.
„Aus technischer Sicht hat beim Dax in den letzten Tagen über der 13.000er-Marke eine konstruktive Bodenbildung stattgefunden, die dem Markt die Chance gibt, nach ausbleibenden Hiobsbotschaften aus Jackson Hole weiteren Boden gutzumachen“, schrieb Jürgen Molnar, Kapitalmarktstratege beim Handelshaus RoboMarkets. In einem negativen Szenario drohe aber erneut ein Rückfall auf die Jahrestiefs unter 12.500 Punkten.
Continental unter den Verlierern
Unter den Einzelwerten stachen hierzulande die Aktien von Continental (Conti) negativ hervor und fielen unter den schwächsten Werten im Dax um 1,6%. Hier belastete eine skeptische Studie des Bankhauses Metzler. Die Zielsetzungen des Autozulieferers könnten gefährdet sein, argumentierte Analyst Jürgen Pieper wegen der Gefahr, dass sich die Nachfrage im Reifengeschäft abkühlen könnte. Die schwächelnde Konjunktur könnte sich auf die gefahrenen Kilometer auswirken und so den Bedarf dämpfen. Längerfristig verwies der Experte auch auf den Klimawandel in Europa als Bremse für das hochprofitable Winterreifengeschäft.
Auch die Aktien anderer Autozulieferer standen unter Druck. So büßten die Papiere der früheren Conti-Tochter Vitesco fast 2% ein und die Anteilsscheine von Schaeffler fielen um knapp 1%. Jefferies-Analyst Himanshu Agarwal äußerte sich pessimistisch zu der gesamten Branche. Der Experte blickt nun etwas konservativer auf die Automobilproduktion im Jahr 2023 sowie auf das Verhältnis von Marktpreisen und Kosten.
Die Anteilsscheine der Software AG profitierten mit einem moderaten Plus von positiven Branchennachrichten. So will das kanadische Unternehmen OpenText den britischen Wettbewerber Micro Focus übernehmen. Dessen Papiere schnellten zuletzt in London um fast 93% in die Höhe. Positiv wurde zudem gewertet, dass der Anbieter von Cloud-Anwendungen für das Finanz- und Personalwesen Workday mit seinen Geschäftszahlen die niedrigen Erwartungen des Markes übertroffen hatte. Die Workday-Aktien zogen im vorbörslichen US-Handel um knapp 11% an.