Dax stabilisiert sich, aber Kion stürzt ab
Die Anleger am deutschen Aktienmarkt haben den Schock der jüngsten US-Inflationsdaten am Mittwoch noch nicht ganz verdaut. Der Leitindex Dax verlor gegen Mittag zwar 0,47% auf 13.127 Punkte, stand damit aber etwas weniger unter Druck als am Vortag. Der MDax der mittelgroßen Börsenunternehmen sank um 0,67% auf 25.146 Punkte. Für den Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 ging es um 0,25% auf 3577 Zähler nach unten. An den US-Börsen zeichnet sich nach dem gestrigen heftigen Rückschlag eine Stabilisierung ab.
Am Dienstag hatte der Dax an den freundlichen Wochenauftakt angeknüpft und war bis an seine 100-Tage-Linie herangelaufen, die den langfristigen Trend beschreibt, bevor die unerwartet beständige US-Inflation die Anleger kalt erwischte. Die für den geldpolitischen Kurs der US-Notenbank Fed so wichtige Kerninflation lag im August überraschend 0,6 Prozentpunkte über dem Vormonat und 6,3% über dem Vorjahreszeitraum.
„Es ist vor allem die weiter steigende Kernrate der Inflation, aus der die volatilen Energiepreise herausgerechnet werden, die den Anlegern Sorge bereitet, weil sie zeigt, dass die Preise quer durch die gesamte Wirtschaft steigen“, schrieb Kapitalmarktstratege Jürgen Molnar vom Handelshaus RoboMarkets. Die hartnäckige Teuerung dürfte die US-Notenbank Fed nicht von ihrem Kurs abbringen, die Zinsen schnell und deutlich zu erhöhen.
Basis für mittelfristige Entwicklung
Der Handelstag dürfte Molnar zufolge wegweisend sein, nicht nur für den Rest der Woche, sondern auch für die mittelfristige Entwicklung: „Schlägt der zuletzt wieder aufgekommene Optimismus komplett wieder in Inflations- und Zinsangst um, ist die Rally vorbei, ehe sie so richtig begonnen hat, und es droht erneut der Sturz des Dax in Richtung Jahrestief. Hält der Index heute die 13 000-er-Marke, gibt es zumindest aus technischer Sicht etwas Hoffnung.“
Aus Unternehmenssicht schockte Kion die Anleger: Der Gabelstapler-Hersteller rechnet im dritten Quartal wegen gestiegener Kosten im Projektgeschäft mit einem Verlust im niedrigen dreistelligen Millionen-Euro-Bereich. Störungen in den Lieferketten und deutlich gestiegene Kosten belasteten das Geschäft schwer. Analyst Nicholas Green von Bernstein Research schrieb, das Problem seien offenkundig Verträge des Logistikspezialisten zu festen Preisen in der Warenhausautomation. Dadurch könnten gestiegene Kosten nicht an die Kunden weitergegeben werden.
Die Aktien von Kion brachen als klares Schlusslicht im MDax um rund ein Drittel ihres Werts ein und waren so günstig wie zuletzt im Jahr 2014. Die Papiere des Wettbewerbers Jungheinrich fielen um knapp 3,5%. Außerdem reißt Kion auch die norwegische AutoStore mit nach unten. Die Papiere der Robotik-Firma rauschen am Aktienmarkt in Oslo um mehr als 12% auf ein Rekordtief von 11,82 Kronen.
Staatsausstieg bei der Lufthansa
Für die Papiere der Lufthansa ging es um dreieinhalb Prozent nach unten, nachdem der Bund seine Beteiligung an der Fluggesellschaft komplett verkauft hat. Der Wirtschaftsstabilisierungsfonds veräußerte seinen zuletzt verbliebenen Anteil von knapp 10% im Rahmen einer Blockplatzierung an internationale Investoren.
Der Online-Händler About You reduzierte wegen der sinkenden Konsumlaune und der Eintrübung der Konjunktur die Umsatz- und Ergebnisziele für das laufende Geschäftsjahr. Die Anteilsscheine knickten am Ende des Nebenwerteindex SDax um 6,5% ein. Analystin Georgina Johanan von der US-Bank JPMorgan sieht vor allem kritisch, dass das Management die steigende Kosteninflation so betonte. Dieser Aspekt sei in den Schätzungen für die Branche noch nicht ausreichend berücksichtigt, so die Expertin.
Dagegen katapultierte eine angehobene Geschäftsprognose die Anteilsscheine des Autovermieters Sixt mit über 4% Plus in die MDax-Spitzengruppe.
Anleihen verlieren ebenfalls
Deutsche Bundesanleihen haben am Mittwoch an ihre Verluste vom Vortag angeknüpft. Am Mittag fiel der richtungsweisende Terminkontrakt Euro-Bund-Future um 0,15% auf 143,22 Punkte. Die Rendite für zehnjährige Bundeswertpapiere betrug 1,72%. Sie lag damit nur leicht unter ihrem in der vergangenen Woche markierten Höchststand seit knapp drei Monaten.
Zinsauftrieb kam zuletzt aus den USA. Auslöser waren Inflationszahlen vom Dienstag, die auf weitere deutliche Zinsanhebungen durch die US-Zentralbank Federal Reserve hindeuten. An den Finanzmärkten stiegen daraufhin die Kapitalmarktzinsen in den USA. Wegen der hohen Bedeutung der US-Märkte übertrug sich der dortige Zinsanstieg auf viele andere nationale Anleihemärkte.
Produktionsdaten aus der Eurozone fielen am Vormittag schwach aus, bewegten am Anleihemarkt aber nicht nennenswert. Die Industrieproduktion gab im Juli deutlich um 2,3% zum Vormonat nach. Analysten hatten mit einem moderateren Rückgang gerechnet. Der Rückgang sei auf breiter Basis erfolgt und bestätige die Erwartung einer technischen Rezession im zweiten Halbjahr, erklärte das Analysehaus Pantheon Macroeconomics.
Am Nachmittag dürften Anleger auf neue Preisdaten aus den USA achten. Veröffentlicht werden die Erzeugerpreise, die eine Vorstufe zu den Verbraucherpreisen sind und damit weitere Hinweise auf die künftige Inflationsentwicklung geben.
Ölpreise legen etwas zu
Die Ölpreise haben am Mittwoch etwas zugelegt. Am Mittag kostete ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent 93,35 US-Dollar. Das waren 18 Cent mehr als am Vortag. Der Preis für ein Barrel der US-amerikanischen Sorte West Texas Intermediate (WTI) stieg um 31 Cent auf 87,64 Dollar.
Zu den leichten Kursgewinnen trug auch der gefallene Dollarkurs bei. Dieser macht Rohöl für Käufer aus anderen Währungsräumen günstiger. Am Vortag waren die Ölpreise noch zeitweise merklich unter Druck geraten. Die höher als erwartet ausgefallene Inflationsrate im August hatte die Erwartung an weitere Zinserhöhungen verstärkt. Dies dürfte die Konjunktur belasten und damit auch die Nachfrage nach Rohöl.
Neue Prognosen der Internationalen Energieagentur (IEA) bewegten den Markt kaum. Wegen der schwächelnden chinesischen Wirtschaft hat der Interessenverband der westlichen Industriestaaten seine Schätzung für die weltweite Öl-Nachfrage gekürzt. Der tägliche Bedarf dürfte im laufenden Jahr lediglich um zwei Millionen Barrel (159 Liter) auf durchschnittlich 99,7 Millionen Barrel steigen. Zuvor hatte er den Anstieg 110.000 Barrel höher veranschlagt.
Euro wieder über Parität
Der Euro ist am Mittwoch wieder über die Parität zum US-Dollar gestiegen. Die Gemeinschaftswährung kostete am Mittag 1,0021 US-Dollar, nachdem sie am Dienstag unter die Parität gerutscht war. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte den Referenzkurs am Dienstagnachmittag noch deutlich höher auf 1,0175 Dollar festgesetzt. Am Dienstag war der Euro durch den erstarkten Dollar unter Druck geraten.