Finanzmärkte

Vor der Wende der Fed

Die Fed steuert auf ihre geldpolitische Wende beziehungsweise den Beginn des Tapering zu. Ein scharfer Anstieg der US-Staatsanleiherenditen muss aber nicht befürchtet werden

Vor der Wende der Fed

Mit Spannung warten die Akteure an den Finanzmärkten auf das Ergebnis der Bundestagswahl. Denn es ist kaum einschätzbar, welche Parteienkonstellation die neue Regierung stellt und welche Auswirkungen der Urnengang auf die Märkte beziehungsweise einzelne Marktsegmente haben könnte. Doch das aus Sicht der Finanzmärkte ganz große Ereignis der nächsten Zeit ist ein anderes. Die amerikanische Zentralbank steuert auf ihre geldpolitische Wende beziehungsweise den Beginn der Reduzierung ihrer Anleihekäufe zu, und keine andere Institution der Welt hat auch nur annähernd einen so durchschlagenden Einfluss auf die Märkte wie die Fed. Ihr Leitzins ist der Eckzins der Welt, die Treasuries sind die globale Benchmark, deren Bewegungen nicht nur für die übrigen Staatsanleihemärkte, sondern auch für Risiko-Assets und damit unter anderem Aktien die Richtung maßgeblich bestimmen.

Die Experten sind sich darin einig, dass die Fed demnächst ihren Plan für die Reduzierung ihrer Wertpapierkäufe im Volumen von 120 Mrd. Dollar pro Monat vorlegen wird. Auch erwarten viele, dass sie sich nach der zweitägigen Sitzung ihres Offenmarktausschusses (FOMC) am kommenden Mittwoch einigermaßen deutlich dazu äußern wird. Unterschiede gibt es nur in den Details. So geht etwa Pimco davon aus, dass das FOMC bekräftigen wird, mit der Reduzierung der Käufe später in diesem Jahr zu beginnen. Diese Bestätigung werde wahrscheinlich im Rahmen einer Vorankündigung erfolgen, die der Chairman Jerome Powell seit der Ankündigung der Forward Guidance für die Ankäufe im vergangenen Jahr in Aussicht gestellt habe. Die Verkündung der Tapering-Entscheidung erwartet Pimco im Dezember, schließt aber auch die November-Sitzung nicht aus.

Die DWS rechnet für den Mittwoch mit einer eher vagen Erklärung. Die September-Sitzung werde wahrscheinlich in erster Linie der kommunikativen Vorbereitung der wichtigeren November-Sitzung dienen, so der Assetmanager, der eine Anpassung der Abschlusserklärung für möglich hält. „In Anlehnung an Powells Rede in Jackson Hole könnte es dann heißen: ,. . . wenn sich die Wirtschaft im Großen und Ganzen wie erwartet entwickelt, könnte es angemessen sein, noch in diesem Jahr mit der Reduzierung des Tempos der Anleihekäufe zu beginnen.‘“ Die Verkündung des Tapering-Beschlusses erwartet die DWS in der November-Sitzung und den Start der Reduzierung der Anleihekäufe frühestens im Dezember. Die Commerzbank wiederum rechnet angesichts der hohen Inflationsrate und der Fortschritte am US-Arbeitsmarkt damit, dass die Fed einen Hinweis über einen baldigen Start des Tapering geben wird. Es sei zu erwarten, dass die Fed nächste Woche ein weiteres deutliches Signal für ein bevorstehendes Tapering gebe. Schließlich habe man den Märkten eine ausreichende Vorwarnung versprochen. Der tatsächliche Be­schluss sei bei einer der beiden Sitzungen im November oder Dezember zu erwarten. „Spätestens Anfang 2022 dürfte sie dann tatsächlich beginnen, das Kaufvolumen mehr und mehr herunterzufahren.“

Der Markt ist vorbereitet

Unabhängig vom genauen Startdatum steht der Beginn der geldpolitischen Wende vor der Tür, und das hat Folgen für die Märkte. Auch der Treasury-Markt erlebt eine Wende. Die Renditen werden ihre Tiefen der Coronakrise wohl nicht wieder sehen, so dass ihr seit mehr als 30 Jahren anhaltender Rückgang wohl abgeschlossen ist. Andererseits muss aber auch kein scharfer Renditeanstieg wie beim Bond-Crash des Jahres 1994 und nach der Tapering-Ankündigung des Jahres 2013 befürchtet werden. Anfang 1994 schockten die US-Währungshüter die damals von Euphorie befallenen Anleihemärkte mit einer völlig unerwarteten Leitzinserhöhung, und auch 2013 waren die Marktteilnehmer nicht vorbereitet. Fed-Chef Powell habe gegenüber seinem Vorvorgänger Ben Bernanke einen wichtigen Vorteil, so die Commerzbank. Die Rückführung von Anleihekäufen nach einem längeren QE-Programm sei kein Neuland mehr. Die 2013 gewonnenen Erfahrungen hätten wesentlich dazu beigetragen, dass die Vorbereitungen bisher reibungslos verlaufen seien und keinerlei Erschütterungen am Markt ausgelöst hätten. Das Institut rechnet denn auch mit einem überschaubaren Anstieg der Treasury-Renditen. Für die zehnjährige Laufzeit der US-Staatsanleihen­ (aktuell bei 1,38 %) lauten seine Prognosen für das vierte Quartal 2021 und 2022 auf 1,50 % und 1,60 %. (Börsen-Zeitung, 18.9.2021)

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