Stabwechsel bei Privatbank

Bankhaus Seeliger setzt auf Eigenständigkeit

Das Wolfenbütteler Bankhaus C.L. Seeliger steht vor einem halben Generationswechsel an der Spitze. Der eigenständige Kurs soll sich bei dem 230 Jahre alten Institut nicht ändern.

Bankhaus Seeliger setzt auf Eigenständigkeit

Bankhaus Seeliger steht vor Stabwechsel an der Spitze

Von Carsten Steevens, Hamburg

Beim inhabergeführten Bankhaus C.L. Seeliger in Wolfenbüttel steht zum kommenden Monat ein Wechsel an der Spitze an. Cosimo von Dungern, der seit Herbst 2022 der erweiterten Geschäftsführung angehört, löst am 1. Oktober Friedrich-Carl Heidebroek als persönlich haftender Gesellschafter ab, der sich nach 23 Jahren in dieser Rolle in den Ruhestand verabschiedet. Der 39 Jahre alte von Dungern, dessen Vater Camill von Dungern zwischen 2000 und 2013 ebenfalls persönlich haftender Gesellschafter von Seeliger war, wird die Bank künftig gemeinsam mit dem seit 2013 amtierenden Christoph Schmitz (60) führen.

Kontinuität bei Strategie

Änderungen an der Strategie des Instituts, dessen Bilanzsumme sich seit dem Eintritt von Heidebroek in die Geschäftsleitung im Jahr 2001 von 119 Mill. auf knapp 1 Mrd. Euro erhöht und dessen Beschäftigtenzahl sich zwischenzeitlich auf 90 fast verdoppelt hat, sind nicht vorgesehen. „Das heißt nicht, dass wir nicht in neue Märkte gehen“, sagt Cosimo von Dungern im Gespräch mit der Börsen-Zeitung und verweist auf die erst Mitte 2023 eröffnete Repräsentanz in Hamburg, die erste in der 230-jährigen Firmengeschichte außerhalb des Stammgebiets in der Region Braunschweig-Hannover.

Neben Finanzierungen für Industrie, Mittelstand und Privatpersonen bietet die größte niedersächsische Privatbank in Hamburg vor allem Vermögensmanagement an. Gerade in diesem Bereich will Seeliger wachsen, ohne aber beim Kreditgeschäft abzubauen. „Wir wollen bei den Assets under Management überproportional zulegen, wir bleiben aber auch eine Kreditbank“, unterstreicht von Dungern, der vor seinem Wechsel vor zwei Jahren knapp zwölf Jahre bei Berenberg tätig und zuletzt für das Merchant Banking zuständig war. Man werde nicht auf Ertrag verzichten, nur um die Parität zwischen Zins- und Provisionsüberschuss zu erreichen.

Einfach und langweilig

In den kommenden fünf bis sechs Jahren will Seeliger auf ein ausgeglichenes Verhältnis der beiden Ertragsquellen kommen, wie Friedrich-Carl Heidebroek, der nun im Alter von 62 Jahren nach mehr als 40 Jahren Tätigkeit bei dem Bankhaus aufhört, erläutert. Aktuell hat der Zinsüberschuss noch einen Anteil an den Bankerträgen von 73%. Die Quote erhöhte sich zuletzt wieder, Seeliger hat von der EZB-Zinswende 2022 profitiert. Weder in der Finanzkrise noch während der Null- und Negativzinsphase sei die Bank in Schwierigkeiten geraten, resümiert Heidebroek. „Unser Geschäft war und ist eher einfach, man könnte auch sagen: langweilig.“ Wenn man persönlich hafte, sehe man anders auf die Geschäfte. Dann sei man langfristig orientiert und nicht darauf aus, kurzfristig viel Geld zu verdienen.

Minuszinsen bei der Bundesbank, so Heidebroek mit Blick auf die Jahre vor der Zinswende weiter, habe man in Kauf genommen, aber eben nicht zu geringen Renditen in lang laufende Anleihen und Pfandbriefe investiert. „Wir konnten unser Geld nach dem schnellen starken Zinsanstieg daher besser anlegen.“ Das Bankhaus Seeliger, das im Kreditbereich regionale Sparkassen und Volksbanken als größte Konkurrenten ansieht und im Vermögensmanagement eher gegen andere Privatbanken antritt, steht nach Angaben von Heidebroek aktuell so gut da wie nie zuvor in seiner Geschichte. Die Aufwandsquote lag zuletzt unter 48%.

Erfolg in der Nische

Das Institut, dessen größtes Engagement im Kreditgeschäft mit einem Anteil von 30% in der Land- und Forstwirtschaft liegt, setzt auf Eigenständigkeit. "Wenn wir in der Nische weiterhin erfolgreich sind, wenn wir zu unseren Werten stehen, dann haben wir auch vor dem Hintergrund der Konsolidierung im Bankensektor gute Chancen“, sagt Cosimo von Dungern. Das Institut kann sich auf die mit 26% beteiligten Familien Heidebroek und Dungern sowie auf vier weitere Unternehmerfamilien als Gesellschafter stützen.

Diese Konstellation besteht seit der „Reprivatisierung“ von Seeliger vor zwei Jahrzehnten. Damals holten Heidebroek und der 2021 aus dem Beirat ausgeschiedene Camill von Dungern die Bank durch Rückkauf der Mehrheitsanteile der damaligen Vereins- und Westbank wieder in Privatbesitz. Daran soll sich nichts ändern, sagt Heidebroek, der seine Anteile an dem Bankhaus nach dem Ausscheiden als persönlich haftender Gesellschafter behalten will, ebenso wie Mandate bei Stiftungen sowie in Beiräten mittelständischer Unternehmen in der Region. „Warum sollten wir uns anderen zum Kauf anbieten?“, fragt er mit Verweis auf einen guten Ruf der Bank in der Stammregion Braunschweig-Hannover und mit Blick auf in jüngster Zeit angekündigte Übernahmen im deutschen Privatbankensektor. „Wir sehen uns weiterhin auf einem guten Weg, unsere Kunden empfehlen uns weiter.“

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