Italiener im Board in Minderheit
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Die italienische Kritik an der Übernahme der Borsa Italiana durch die französisch dominierte Mehrländerbörse Euronext war groß. Die Kritiker fühlen sich nun durch die jüngsten Personalentscheidungen von Euronext-CEO Stéphane Boujnah bestätigt. Denn der Franzose hat gerade sechs neue Manager in den Board von MTS, Handelsplattform für Staatstitel und bisher Tochter der Borsa Italiana, berufen: Drei davon sind Franzosen, nämlich die Euronext-Spitzenmanager Anthony Attia, der die Bereiche Primärmärkte und Back Office leitet, Delphine d’Amarzit, Chefin der Pariser Börse, und Georges Lauchard, Chief Operating Officer von Euronext. Dazu kommen die Niederländerin Simone Huis in ’t Veld, Chefin der Börse Amsterdam, der Brite Chris Topple, CEO Euronext London, und Euronext-CFO Giorgio Modico, ein Italiener. Bestätigt wurden die Italiener Marina Cannata und Fabrizio Testa. Italiener sind damit in der Minderheit.
Das hat in Italien heftige Kritik ausgelöst. Denn MTS gilt als strategisches Asset, weil sie für das Management der italienischen Schulden verantwortlich ist. Dass die Franzosen nur wenige Wochen nach der Übernahme der Mailänder Börse personalpolitisch so massiv in die Offensive gehen, hat überrascht.
Kritiker etwa der oppositionellen Fratelli d’Italia, aber auch der Regierungsparteien Lega und 5-Sterne-Bewegung sehen ihre schlimmsten Befürchtungen bestätigt und die operative Autonomie von MTS bedroht. Auch im Verwaltungsrat und im Management sind Italiener nämlich mit jeweils nur zwei Vertretern stark unterrepräsentiert, obwohl Mailand mit 34% den größten Teil zum Umsatz der Mehrländerbörse beiträgt. Die Kritiker rechnen damit, dass Euronext die Machtposition bei der Borsa Italiana schnell weiter ausbauen wird.