E-Commerce

Moulding will nicht noch einmal an die Börse

Matthew Moulding spielt offenbar mit dem Gedanken, sein E-Commerce-Konglomerat THG wieder von der Börse zu nehmen. Damit wären die lästigen Corporate-Governance-Probleme mit einem Schlag gelöst.

Moulding will nicht noch einmal an die Börse

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Matthew Moulding (49) hat sich offenbar noch nicht ganz damit abgefunden, dass die Aktionäre seines E-Commerce-Konglomerats in entscheidenden Fragen mitreden wollen. Er denke darüber nach, The Hut Group (THG) wieder von der Börse zu nehmen, heißt es allenthalben, nachdem er dem Männermagazin „GQ“ sein Leid geklagt hatte. Das 1,9 Mrd. Pfund schwere Initial Public Offering von THG im September 2020 war der bis dahin größte Börsengang einer E-Commerce-Firma in Europa. Der Online-Haushaltsgerätehändler AO World holte sich vor sieben Jahren 487 Mill. Pfund. Zalando sammelte im selben Jahr umgerechnet 411 Mill. Pfund ein.

Eine Short-Seller-Attacke machte THG schwer zu schaffen. Von Anfang an gab es Kritik in Sachen Corporate Governance. So hatte der Fahrer eines Lamborghini Urus, der gerne auf den Malediven Ferien macht, bis vor kurzem eine Goldene Aktie, die ihm ermöglicht hätte, eine Übernahme der Firma zu verhindern. Und dann war da noch ein 100 Mill. Pfund schwerer Kredit von Barclays für Moulding und seine Frau Jodie, der mit THG-Aktien besichert war. Am 18. Oktober kündigte Moulding an, die Sonderrechte der Goldenen Aktie aufheben zu lassen. Zwei Tage später wurde per Pflichtveröffentlichung mitgeteilt, dass mittlerweile keine THG-Aktien mehr als Sicherheiten dienen. Doch die Liste der Kritikpunkte ist lang: Der Gründer, der 22 % an der Gesellschaft hält, ist zugleich CEO und Chairman. Der britische Corporate Governance Code empfiehlt, die beiden Ämter zu trennen. Fragen gab es auch zu den Immobilien der Firma, die Moulding vor dem IPO erwarb und die jetzt vom Unternehmen gemietet werden.

Man darf gespannt sein, ob er THG wirklich vom Kurszettel streichen lässt oder, wie bislang angekündigt, einen unabhängigen Chairman ins Boot holt, um 2022 ans Premium-Segment der Londoner Börse zu wechseln. Russell Reynolds Associates wurde bereits mit der Suche nach geeigneten Kandidaten beauftragt.

Moulding, der auf Instagram gern die Muskeln spielen lässt, stammt aus Colne in Lancashire. Sein Vater war von Tür zu Tür mit dem Angebot unterwegs, Auffahrten zu asphaltieren, wenn er nicht gerade Gegenstände aus Haushaltsauflösungen auf Märkten verkaufte. Er selbst flog wegen Schwänzens von der Schule. Moulding war zuerst Tellerwäscher, dann Hilfsarbeiter. Einer seiner Lehrer überzeugte ihn, es doch noch einmal mit Lernen zu versuchen. Er studierte am Ende in Nottingham und spezialisierte sich auf die Abwicklung von Firmen nach Pleiten. Schließlich wurde er Finanzchef des Vertriebsarms von Phones4U (Caudwell Group). Dann kam er auf die Idee, CDs online zu verkaufen. Seine Chefs waren an der Geschäftsidee nicht interessiert. Mit Mitgründer John Gallemore brachte er sein eigenes Unternehmen an den Start und be­gann, Websites für Einzelhändler zu betreiben.

Sein Konglomerat THG wurde von manchen schon für eine britische Version von Amazon.com gehalten. Nun fragen sich viele, ob dahinter nicht lediglich ein Make-up-Versand mit großen Ambitionen steckt. Er würde das Unternehmen nicht noch einmal in London an die Börse bringen, sagte Moulding „GQ“. Wall Street wäre besser für THG gewesen.

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