Premierministerin Giorgia Meloni

Smart im Auftreten, hart rechts in der Sache

Italiens Premierministerin Giorgia Meloni ist für viele überraschend smart. In der Sache ist sie jedoch hart und strebt neue Mehrheiten und eine andere Politik in Europa an.

Smart im Auftreten, hart rechts in der Sache

Smart im Auftreten, hart rechts in der Sache

bl Mailand

Giorgia Meloni

Smart im Auftreten, hart rechts in der Sache

Giorgia Meloni will eine andere Mehrheit in Europa und hat keine Berührungsängste

bl Mailand
Gerhard Bläske, Mailand

Premierministerin Giorgia Meloni hat Italien hoffähig gemacht. Smart und nach außen europafreundlich, hält sie an der Verankerung Italiens in EU und Nato fest und unterstützt die Ukraine und Israel. Nach innen regiert sie mit harter Hand. Zugute kommt ihr, dass sie erstmals seit Jahrzehnten einer italienischen Regierung vorsteht, die trotz interner Spannungen über eine breite Mehrheit verfügt und bis zum Ablauf der Legislaturperiode 2027 halten könnte.

Die Märkte reagieren überschwänglich. Der Mailänder Aktienmarkt eilt von Rekord zu Rekord. Der Zinsabstand zwischen deutschen und italienischen Staatsanleihen hat sich seit Melonis Amtsantritt halbiert. Investoren reißen Rom die (gut verzinsten) Staatsanleihen aus den Händen. Meloni ist Spitzenkandidatin ihrer Partei Fratelli d’Italia (FdI) bei den Europawahlen – obwohl sie ihr Mandat nicht annehmen will. Beim Staatssender Rai hat sie alle wesentlichen Spitzenposten mit Vertrauten besetzt. Zensurvorwürfe bei der Rai sowie Gesetze, die die Pressefreiheit beschränken, verstärken die Zweifel an einer freien Berichterstattung. Ähnlich konsequent hat Meloni bei den Staatsunternehmen durchgegriffen. Auch dort sitzen überall Getreue.

Nun plant Meloni einen Umbau des Regierungssystems und eine „Reform“, in der die Position des Premierministers durch eine Direktwahl gestärkt werden soll. Außerdem soll das Amt mit mehr Befugnissen ausgestattet werden.

Europapolitisch ist ihr Bekenntnis zur EU wohlfeil. Meloni nimmt gern die 191,5 Mrd. Euro aus dem Europäischen Wiederaufbauprogramm NextGeneration, dessen größter Nutznießer Rom ist. Dazu kommen (inklusive nationaler Mittel) 75 Mrd. Euro aus diversen Strukturprogrammen.

Zum „Dank“ dafür stellt sich Meloni an die Seite zweifelhafter rechtsnationaler Parteien wie der spanischen Vox und der polnischen PiS, die, wie ihre Fratelli d’Italia, Teil der europakritischen Parteiengruppierung der Europäischen Konservativen und Reformer sind. Sie sucht auch gutes Einvernehmen mit Marine Le Pen und anderen Rechts-Nationalen. Sie träumt davon, nach den Europawahlen erstmals eine Rechts-Allianz ohne Sozialisten und Sozialdemokraten zu bilden. „Dies ist ein Referendum darüber, welches Europa wir wollen. Zum ersten Mal stehen wir vor der Möglichkeit, wirklich etwas in Europa zu verändern, mit einer anderen Mehrheit.“ Diese Äußerungen ändern nichts an ihrem guten Verhältnis zu EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, mit der sie sich auffallend oft trifft. Doch die Deutsche kann nicht unbedingt auf Meloni zählen.

Mit der EU-Mitgliedschaft verbundene Verpflichtungen hält Meloni ungern ein. Italien blockiert als einziges Land die Reform des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM). Und Rom hat zwar die Reform des Europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakts mitgetragen: Doch bei der Abstimmung im Europaparlament haben sich Italiens Parteien enthalten. Rom hofft auf eine Aufweichung. Investitionen in Rüstung oder die Energiewende dürften nicht berücksichtigt werden.

Vor EU-Verfahren

Bei der Umsetzung einer Justiz- und Verwaltungsreform hinkt Italien weit hinterher. Von Brüssel verlangte Marktöffnungen im Energiesektor, bei Autobahnkonzessionen oder Strandbädern werden nicht umgesetzt.

Ein EU-Verfahren wegen des Verstoßes gegen die Regeln des neuen Stabilitäts- und Wachstumspaktes ist so gut wie sicher. Mit einem Haushaltsfehlbetrag von 7,4% ist Italien Europameister. Und die Schulden steigen und steigen.