Aktien gelten auch 2025 als aussichtsreich
Aktien gelten auch 2025 als aussichtsreich
Leitzinssenkungen und steigende Gewinne als Treiber – Marktbreite dürfte zunehmen – Risiken auf der Anleihenseite
Von Werner Rüppel, Frankfurt
Nach zwei Top-Jahren für Aktien machen die Strategen zwar nach wie vor günstige Rahmenbedingungen für Dividendentitel aus. Doch werde die Luft dünner, auch aufgrund hoher Bewertungen für US-Aktien. Bei Anleihen wachsen Risiken aufgrund der ausufernden Staatsverschuldung und einer hartnäckigen Inflation.
Investoren haben im Moment allen Grund, sich zu freuen, zumindest wenn sie in den vergangenen beiden Jahren in Risikoanlagen wie Aktien investiert waren. Denn der marktbreite US-Aktienindex S&P 500 hat nach einem Plus von 24,7% in 2023 im laufenden Jahr bis Ende November 33,1% zugelegt und notiert inzwischen über 6.000 Punkten. Aber auch der Dax lässt sich nicht lumpen und hat in diesem Jahr wie der S&P 500 ein neues Allzeithoch nach dem anderen markiert. Nach 20,3% im vergangenen Jahr hat der Dax in diesem Jahr bis Ende November 17,2% zugelegt. Da kann für Aktionäre Weihnachten kommen, und die Geschenke können in diesem Jahr vielleicht auch etwas üppiger ausfallen.
Grünes Licht für Aktien
Doch wie geht es an den Märkten im kommenden Jahr weiter, das ist stets die Frage, die sich zum Jahreswechsel stellt. Was tatsächlich kommt, weiß natürlich niemand, doch lassen sich anhand von wichtigen Einflussgrößen wie Konjunktur, Zinsen, der Geldpolitik der Notenbanken, der Gewinnentwicklung von Unternehmen sowie der Bewertungsniveaus fundierte Prognosen treffen. Demnach schaut es noch gut aus für Risikoanlagen wie Aktien, wobei sich allerdings doch einige Risiken auftun. „Grünes Licht für die Aktienmärkte“ auch im kommenden Jahr sieht Joachim Schallmayer, Leiter Kapitalmärkte und Strategie der Dekabank.
„Die Weltwirtschaft wächst moderat, die Leitzinsen sinken graduell und die Unternehmensgewinne dürften weiter moderat steigen. Dieser Mix ist gut für Aktien“, sagt Frank Engels, Chief Investment Officer (CIO) von Union Investment. „Man sollte weiterhin Aktien gegenüber Anleihen bevorzugen“, rät Guy Wagner, Fondsmanager und CIO von BLI – Banque de Luxembourg Investments. „Sofern es nicht zu einem Schock kommt, deuten die rückläufige Inflation, die Lockerung der Geldpolitik durch die Zentralbanken und die Beschleunigung des Geldmengenwachstums darauf hin, dass das Risiko eines unerwarteten Wirtschaftseinbruchs abnimmt und eine Rezession im Jahr 2025 kein Thema sein wird“, erklärt Paul Jackson, Global Head of Asset Allocation bei Invesco. „Daher glauben wir, dass das kommende Jahr ein gutes für die Finanzmärkte sein wird.“
Allerdings tun sich auch für 2025 erhebliche Risiken auf, die von fast allen Strategen und Investoren auch gesehen werden. Dazu zählen weiterhin die geopolitischen Risiken, die Politik des neuen (und alten) US-Präsidenten Donald Trump, Gefahren am Zins- und Anleihemarkt durch ausufernde Staatsschulden und eine doch hartnäckige Inflation sowie die hohe Bewertung einiger Risiko-Assets wie insbesondere der Titel der „Glorreichen Sieben“ am US-Aktienmarkt. Auf der anderen Seite sind die Aktienmärkte trotz vieler Bedenken und des Kriegs in der Ukraine, der im Februar 2022 begann, in den vergangenen beiden Jahren kräftig und auf neue Höhen geklettert. Eine gewisse „Wall of Worry“ gehört anscheinend dazu, auch in einem Goldilocks-Szenario, in dem alles zu passen scheint.
Ausufernde Staatsschulden
Union-Investment-Stratege Engels sieht durchaus Herausforderungen für das Kapitalmarktumfeld. „Die unsichere geopolitische Lage schwebt wie ein Damoklesschwert über dem Börsenjahr“, sagt Engels. „Vorsicht bleibt also angebracht.“
Bert Flossbach setzt weiterhin auf ausgewählte Aktien und auf Gold als klassischen sicheren Hafen. „Der unsichtbare Elefant im Raum ist der Anleihemarkt“, erklärt der Top-Fondsmanager. Das Problem auf der Zinsseite seien die ausufernden Staatsschulden, die weiterhin ansteigen würden. Der Bondmarkt sei die ultimative Knute für alle Regierungen, dies würden die Franzosen im Moment erleben. Daher hält Flossbach in seinem Multi-Asset-Fonds auf der Bondseite nur Cash über Bu-Bills.
Inflation bleibt Thema
Auch BLI-CIO Wagner weist auf den merklichen Anstieg der Nettozinszahlungen in Prozent der Staatseinnahmen in den USA hin. Die Folgen des veränderten wirtschaftlichen Umfelds seien ein geringeres Wachstumspotenzial, eine höhere Inflation, ein geringerer Handlungsspielraum der Zentralbanken und Druck auf die Gewinnspannen der Unternehmen. „Eine strukturell höhere Inflation ist trotz fortschreitender Digitalisierung sehr wahrscheinlich“, meint Wagner. Für Investoren bedeute dies, dass der Schutz des Vermögens, der Kaufkraft wichtiger sei als das Streben nach hohen Renditen. Zudem sollten Anleger inflationsbereinigt denken.
„Die Inflation wird uns weiterhin beschäftigen. Anleger sollten daher das Risiko berücksichtigen, dass die Zinssenkungen deutlich geringer ausfallen könnten, als an den Kapitalmärkten aktuell eingepreist ist“, sagt auch Thomas Romig, Head of Multi Asset Portfolio Management bei Assenagon. „Wenn die Zinsen nur wenig Veränderungen zeigen, spricht dies historisch stark für Aktien und auch Unternehmensanleihen.“ Zudem verstetige sich die positive Korrelation zwischen US-Anleihen und US-Aktien. „In einem klassischen ausgewogenen Portfolio bieten Anleihen daher weiterhin keinen echten Sicherheitspuffer mehr“, erklärt Romig.
„Der Inflationsdruck lässt vorerst nach, dennoch sind die Erwartungen an die kommenden Zinssenkungen stark überzogen“, meint auch Daniel Kerbach, CIO und Head of Investment Management bei Bayerninvest.
Auch wenn die Rahmenbedingungen für die Aktienanlage weiterhin meist als positiv analysiert werden, so macht doch die hohe Bewertung von wenigen US-Titeln wie den „Glorreichen Sieben“ den Investmentprofis Sorgen. „Das größte Dilemma, vor dem wir stehen, ist, dass zyklische Anlagen wie Aktien und Hochzinsanleihen 2024 ein starkes zweites Jahr in Folge erlebt haben“, sagt Invesco-Stratege Jackson. „Dadurch sind einige Bewertungen inzwischen überzogen und wir befürchten, dass ein Großteil der geldpolitischen Lockerungen bereits eingepreist ist.“
„Im Vergleich zu den Vorjahren rechnen wir mit einer Verbreiterung der Gewinnanstiege auf mehr Sektoren und Unternehmen“, erläutert Union-Investment-CIO Engels. „Die Börse wird daher nicht mehr nur von den ‚Glorreichen Sieben‘, sondern zunehmend von der gesamten Unternehmenslandschaft getragen.“ Zudem rücke unter der erneuten Trump-Legislatur die Einzeltitelauswahl als zentraler Erfolgsfaktor noch mehr in den Fokus als bisher.
Breiter aufstellen
Für Flossbach ist die Hausse am US-Aktienmarkt infolge steigender Gewinne und Umsätze sowie KI als Treiber begründet. Doch sei inzwischen das Bewertungsniveau vor allem der „Glorreichen Sieben“ hoch. „Da darf nichts schiefgehen“, so der Fondsmanager wörtlich. Denn die Fallhöhe sei beträchtlich. Als positiv wertet es Flossbach, dass „nicht der ganze Markt teuer ist“. So seien auch gute Unternehmen an den Märkten in Ungnade gefallen und jetzt relativ günstig zu haben.
Alles in allem bleiben Aktien nach der Meinung der Profis zwar auch 2025 aussichtsreich. Doch sollten sich Anleger dabei möglichst breiter aufstellen. Zudem werden vor allem auch am Anleihemarkt größere Gefahren ausgemacht.