Stetig ernährt sich das Eichhörnchen
Von Werner Rüppel, Frankfurt
Der Blick auf ihr Wertpapierdepot tut in diesem Jahr vielen Anlegerinnen und Anlegern weh. Denn infolge des Einmarschs Russlands in die Ukraine, der massiven Beschleunigung der Inflation und den draus resultierenden deutlichen Leitzinsanhebungen der großen Notenbanken haben sowohl die Aktien- und Anleihemärkte massiv an Boden verloren. Stark geblutet haben Investoren, die auf ausgewählte Einzelwerte wie Uniper, Adidas oder Meta gesetzt haben.
Ganz klar, Wertpapiermärkte sind mitunter eine schwierige und schmerzliche Angelegenheit. Vor allem reflektieren die Entwicklungen an den Märkten jedwede wirtschaftliche oder geopolitische Veränderung sofort. Und viele Ereignisse kommen unerwartet. Zudem neigen Anleger dazu, bei Aktien besonders gerne zu kaufen, wenn die Stimmung ausgezeichnet ist und die Preise hoch sind. Daraus resultiert die große Gefahr, zum falschen Zeitpunkt einzusteigen.
Auf der anderen Seite bieten gerade die Kapitalmärkte langfristig hohe und attraktive Renditen. Um diese zu vereinnahmen, und zugleich die Risiken zu begrenzen, gibt es eine Lösung: Das ratierliche Ansparen über Fondssparpläne. Das Eichhörnchen ernährt sich zwar vielleicht mühsam, doch durch stetiges Sammeln ergibt sich ein großer Wintervorrat. Auch am Kapitalmarkt kann aus regelmäßigen kleinen Beträgen ein großes Vermögen werden.
Trotz aller Vorteile gibt es auch bei Fondssparplänen einige Fallstricke zu beachten. So stehen neben Aktienfonds auch Sparpläne auf Renten-, Misch- und offene Immobilienfonds zur Verfügung. Aktienfonds schwanken in der Regel kurzfristig am stärksten, sind aber langfristig am lukrativsten. Jahrelange Disziplin zahlt sich hier aus. Und gerade Kursrückschläge erweisen sich bei einem langfristigen Anlagehorizont als günstige Kaufgelegenheiten, sorgen sie doch für relativ niedrige Einstandspreise.
Ein wesentlicher Vorteil des Sparens über Fonds ist darüber hinaus, dass diese ein breit gestreutes Investment bieten, das Risiken merklich senkt. Vor allem bei Aktien, mitunter aber auch bei Anleihen, verlieben sich Investoren in einen Titel oder legen vor allem in einem Wertpapier an, ob dies nun Wirecard, Comroad, Intershop, Uniper oder vielleicht Meta heißen mag. Auch Anleihegläubiger haben bei bestimmten Firmen alles oder fast alles verloren, zum Beispiel bei Fokker oder General Motors. Wer alles auf eine Karte setzt, der erleidet eben auch mitunter einen regelrechten Schiffbruch.
Immer mehr Sparpläne
Die Zahl der Fondssparpläne ist in den vergangenen Jahren hierzulande deutlich geklettert, was zum Teil auch dem extrem niedrigen Zinsniveau geschuldet sein mag. Doch erkennen auch mehr und mehr Deutsche die Vorteile des ratierlichen Sparens, das im Übrigen auch für fast jeden dank flexibler und niedriger Raten erschwinglich ist. So kommt das Meinungsforschungsinstitut Forsa in einer repräsentativen Befragung im Auftrag von Union Investment aktuell zu folgendem Ergebnis: „Der Anteil der Befragten, die angeben, man erziele mit Fondssparplänen die höchsten Erträge, steigt seit 2019 kontinuierlich an: von 77% im ersten Quartal 2019 auf aktuell 86%.“ Bei dieser Aussage seien sich alle Altersgruppen einig. Zudem nimmt bei den Deutschen die Bekanntheit von Fondssparplänen und das Wissen darüber weiter zu.
Zum Halbjahr berichtet Union Investment über einen Anstieg der Fondssparpläne inklusive Riester auf 6,4 Millionen. Bei der Deka hat sich die Zahl der Wertpapiersparpläne zum Halbjahr um rund 280000 auf insgesamt 7,3 Millionen Verträge erhöht. „Die Zahlen sind erfreulich, denn Wertpapiere sind in der aktuellen Situation der beste Inflationsschutz für die Ersparnisse der Menschen“, sagt Georg Stocker, Vorstandsvorsitzender der DekaBank.
Und die Plattform Extra ETF berichtet über einen Anstieg der ETF-Sparpläne hierzulande auf 3,64 Millionen im August. Insgesamt spart also bereits ein Gutteil der Deutschen über Fondssparpläne. Die aktuelle Statistik des Fondsverbands BVI per 30. Juni zeigt, wie lukrativ Fondssparpläne langfristig sind. So verfügen Anleger, die über 25 Jahre monatlich 100 Euro in Produkte der Kategorie Aktienfonds Deutschland anlegten, bei eingezahlten 30000 Euro im Durchschnitt über ein Vermögen von 50659 Euro, was einer Rendite von 3,9% im Jahr entspricht. Über 30 und 35 Jahre kommen diese Aktienfonds gar auf Renditen von 4,7% und 5,3% im Jahr. Aufgrund des Kursrückgangs deutscher Aktien in den vergangenen Monaten beträgt die Performance der Aktienfonds Deutschland über zehn Jahre aber nur 0,9% im Jahr.
Globale Ausrichtung lohnt
Noch besser als deutsche Aktien haben sich in den vergangenen Jahren die Produkte der Aktienfonds global entwickelt, die über 25 Jahre im Durchschnitt auf einen Betrag von 64396 Euro kommen, entsprechend einer Rendite von 5,6% im Jahr. Die Renditen über 30 und 35 Jahren liegen hier gar bei 6,4% und 6,9% im Jahr. Über die vergangenen zehn Jahre war diese Assetklasse mit einer Performance von 5,7% im Jahr am lukrativsten. In den BVI-Zahlen sind übrigens Ausgabeaufschläge schon berücksichtigt, ohne diese Abschlusskosten – oder mit geringeren Abschlusskosten – ergeben sich noch höhere Wertzuwächse. Wie bei allen Investments verbessern auch bei Sparplänen möglichst geringe Kosten das Anlageergebnis.
Hingegen haben sich Sparpläne auf Euro-Rentenfonds (Mittelläufer), offene Immobilienfonds und Mischfonds auf Sicht von 25 Jahren als weniger lukrativ erwiesen. Die Renditen liegen hier im Durchschnitt bei 1,8% im Jahr, 2,6% im Jahr sowie 2,4% im Jahr. Aufgrund der Zinswende der vergangenen Monate haben die Sparpläne auf die Euro-Rentenfonds auf Sicht von zehn Jahren sogar 1,5% pro Jahr eingebüßt. Dies mag sich durch den Zinsanstieg ändern, doch sind die Kupons am Rentenmarkt noch immer noch nicht so hoch, dass sie langfristig attraktiv erscheinen.
Offene Immobilienfonds erwirtschaften über die Jahre auskömmliche Erträge und weisen niedrige Schwankungen auf. Entsprechend sind Sparpläne auf diese Vehikel für Anleger geeignet, die eine möglichst geringe Volatilität anstreben. Doch haben Aktienfonds in der Vergangenheit langfristig die höchsten Renditen erwirtschaften und dürften dies auch in Zukunft tun. Insofern sollten jüngere Anleger mit einem langfristigen Anlagehorizont, zum Beispiel für die Vorsorge im Alter, bei Sparplänen Aktienfonds bevorzugen.
Wichtig ist aber bei der Aktienanlage, dass Anleger einen Fonds auswählen, der auf lange Sicht überdurchschnittlich abschneidet. Denn bei der nach einzelnen Fonds aufgegliederten Sparplanstatistik des BVI fällt auf, dass die Performanceunterschiede zwischen den einzelnen Aktienfonds langfristig doch sehr beträchtlich sind. Natürlich kann es bei aktiven Fonds passieren, dass ein Produkt sich im Laufe des Jahres verschlechtert. Meist hat aber ein erfolgreicher Investmentprozess über die Jahre Bestand, denn viele gut gemanagte Fonds bleiben in der Spitzengruppe. Anleger, die das Risiko eines aktiv gemanagten Produkts gänzlich vermeiden wollen, können natürlich auch auf breit gestreute Aktien-ETFs setzen.
Auch ratierlich aussteigen
In der Tabelle sind ausgewählte Aktienfonds aufgeführt, die langfristig überzeugt und eine überdurchschnittliche Performance erwirtschaftet haben. Dazu zählen zum Beispiel bei den globalen Aktienfonds der Allianz Interglobal, der Deka Global Champions, der DWS Akkumula, der Metzler Global Equities Sustainable und der UniGlobal. In der Kategorie der Aktienfonds Deutschland überzeugen der Concentra sowie der Meag ProInvest. Doch liefern auch Dax-ETFs wie zum Beispiel das Produkt von iShares langfristig ansprechende Wertzuwächse.
Um Vermögen aufzubauen, sind Aktiensparpläne gut geeignet. Doch stellt die Ausstiegphase ein Risiko dar, das mitunter übersehen wird. Starke kurzfristige Schwankungen am Aktienmarkt können nämlich dazu führen, dass beim Verkauf eines Fonds ein relativ niedriger Erlös erzielt wird. Doch können Investoren dieses Problem mit einem ratierlichen Ausstieg in mehreren Etappen leicht lösen.
Wertentwicklung von Sparplänen auf ausgewählte Aktienfonds | ||||
10 Jahre | 20 Jahre | 30 Jahre | ||
Fondsgruppe | Name | eingezahlt 12 000 Euro | eingezahlt 24 000 Euro | eingezahlt 30 000 Euro |
Aktien Deutschland | Concentra – A | 12 298 | 42 148 | 56 074 |
Aktien Deutschland | iShares Core Dax ETF | 13 305 | 40 594 | − |
Aktien Deutschland | Meag ProInvest | 12 849 | 41 690 | 54 574 |
Aktien global | Allianz Interglobal – A | 18 453 | 56 728 | 87 190 |
Aktien global | Deka-GlobalChampions CF | 19 575 | − | − |
Aktien global | DWS Akkumula LC | 19 144 | 56 911 | 79 083 |
Aktien global | Metzler Global Eq. Sust. A | 19 974 | 61 716 | − |
Aktien global | UniGlobal | 19 290 | 62 855 | 87 013 |
Einzahlung pro Monat: 100 Euro. Die Ergebnisse sind jeweils in Euro und berücksichtigen bereits den Ausgabeaufschlag. Quelle: BVI, Stand: 30. Juni 2022Börsen-Zeitung |